Soul, Deep-Funk, Motown – das klingt alles schwer nach gestern und das ist es natürlich auch, doch der finnischstämmige DJ Heikki Eiden (32) und sein Partner Marcus Kaffenberger (33) aka The Lovemachines haben sich bereits vor Jahren der „Mutter aller Clubsounds“ mit Haut und Haaren verschrieben und kredenzen seither dem tanzbegeisterten Publikum feinste musikalische Trüffel. Mit stetig wachsendem Erfolg – mittlerweile sind die DJ Sets der Machines sogar in Rio de Janeiro gefragt!
P: Seit etwa acht Jahren seid Ihr nun in Sachen Deep Funk unterwegs und habt die Tanzflächen landauf landab für diesen alten Sound richtiggehend missioniert. Nun gibt es mehr und mehr Deep-Funk-Partys und -Konzerte sowie das überaus erfolgreiche „Back to Black“-Album von Amy Winehouse, eine würdige Reminiszenz an den alten Sound. Wie fühlt sich dieses Revival für Euch an?
Heikki: Das fühlt sich natürlich erst mal gut an. Einfach, weil dadurch anderen Soul- und Funk-Bands wie Sharon Jones und Dap Kings wesentlich mehr Beachtung zuteil wird. Und auch in den Clubs spüren wir seit einigen Monaten eine deutliche Veränderung beim Publikum, die Leute sind sehr empfänglich für den alten Sound.
Marcus: Aber wirklich oben angekommen ist Deep Funk auch noch nicht. Man muss sich für die Promotion solcher Konzerte noch wirklich arge Mühe geben, sonst stehen da nur 15 Leute.
Heikki: Aber wir arbeiten weiter dran, wir wollen das Thema nach vorne bringen!
Als Ihr seinerzeit mit dem Auf legen begonnen habt, standet Ihr mit Eurem Sound erst einmal ziemlich alleine da. House und 2Step waren immer noch ziemlich angesagt und die Darmstädter Club landschaft hatte nicht gerade viele Venues für aufstrebende DJs zu bieten. Wie sahen Eure Anfänge auf den Darmstädter Dancefloors aus?
Heikki: Da habe ich noch ein klares Datum vor Augen: 13. September 2001, zwei Tage nach den Anschlägen in New York, wir hatten an dem Abend in der Krone, wo wir seinerzeit aufgelegt haben, drei Gäste. Wir waren damals aber auch nochnicht ansatzweise an dem Punkt, an dem wir heute sind. Allerdings war die Krone-Zeit enorm wichtig für uns, weil wir viel ausprobieren und Erfahrungen sammeln konnten. Und Erfahrung macht den DJ, das ist wirklich eine Regel!
Marcus: Aber die Krone war ja auch kein Deep-Funk-Laden, wir sind da nicht in eine Szene reingekommen, sondern haben dort unsere eigenen Veranstaltungen organisiert, um den Sound bekannter zu machen.
In Ermangelung weiterer Auftrittsmöglichkeiten habt Ihr dann relativ bald Eure Fühler in benachbarte Städte ausgestreckt, wo Euer Sound bestens ankam: Ihr wurdet Resident-DJs in der angesagten Frankfurter Stereo Bar und im Red Cat in Mainz.
Heikki: Wir wollten mit unserem Set keine Stadt „totspielen“, deswegen waren die Schritte nach Frankfurt und Mainz ganz wichtig für uns! Dort kam dann auch endlich der wirkliche Erfolg, vielleicht auch, weil die Clubs sehr zu dem gepasst haben, was wir aufgelegt haben. In beiden Läden legen wir noch heute regelmäßig auf und das läuft sehr gut!
2003 wurde in der Stoeferlehalle das 603qm eröffnet, das dem Darmstädter (Sub-)Kulturleben schlagartig enormen Auftrieb bescherte. Von Anfang an mit dabei: The Lovemachines.
Marcus: Um die Zeit herum fing es an, auch in Darmstadt gut für uns zu laufen. Die „Soulnighter“ in der Linie Neun in Griesheim waren erste echte Soul- und Funk-Partys. Das lief gut an, also suchten wir eine geeignete Location für unsere erste „Soul Safari“. So entstand der Kontakt zum 603qm.
Heikki: Das war übrigens ebenfalls ein wichtiger Moment! Wir wollten einen wirklich großen Abend veranstalten, mit mehreren DJs, Liveband, toller Deko und so weiter. Das lief super: Eine riesige Funkund Soul-Party mit 800 Besuchern! Die erste „Soul Safari“ mit King Khan war ein absoluter Schlüsselmoment für unsere Entwicklung.
Nicht wenige Darmstädter finden, dass das 603qm die Lücke, die das 1999 geschlossene Café Kesselhaus hinterlassen hat, adäquat füllen konnte. Wie seht Ihr das?
Marcus: Sehe ich ebenso.
Heikki: Das kann man so stehen lassen, ja. Wobei sich das 603qm durch seine besondere Orgastruktur in einigen Punkten, teilweise auch im Programm, vom Kesselhaus unterscheidet. Aber es gibt definitiv Schnittmengen in der Ausrichtung.
Heikki, neben der Arbeit mit den Lovemachines und dem Booking für das 603qm betreust Du auch noch die exzellente Deep-Funk-Combo The Sweet Vandals aus Madrid, mit denen Du gerade in Frankreich auf Tour warst.
Heikki: Das ist eine wirklich spannende Band, die absolut authentischen Funk spielt. Durch solche Livebands wird die Szene zusätzlich europaweit belebt. Vergangenen Dezember spielten wir gemeinsam im legendären Petrol Club in Antwerpen. Wichtig für uns als DJs waren auch die vielen Sets mit den älteren Herren der Szene wie Oliver Korthals (Mojo Club), Keb Darge, Henry Storch und vor allem mit Soul Rabbi.
Die erste Dekade des neuen Jahrtausends steht in vielen kulturellen Bereichen voll im Geiste sogenannter Retro-Trends. Deep Funk ist hierfür ein Beispiel unter vielen. Trends kommen und gehen, wie man weiß. Was machen die Lovemachines, wenn Deep Funk out ist? Wagt Ihr Euch dann zukünftig an hippe „House-Trüffel“?
Marcus: Auf der einen Seite sind wir eindeutig Diskjockeys, ganz klar! Und unser Job ist es, die Tanzfläche zu rocken! Auf der anderen Seite sind wir absolut nicht bereit, Zugeständnisse stilistischer Art zu machen. Live and die with Soul and Funk! Im Funk- und Soul-Sektor wurde in den Jahren zwischen 1965 und 1974 dermaßen viel veröffentlicht, vieles von kleinen Indie-Labels, dass wir noch unser ganzes Leben mit Suchen und Sammeln verbringen können. Von daher denke ich, dass wir uns sicher in unserem Bereich weiterentwickeln werden, das ja. Aber andere Musik auflegen? Never! Wir lieben diese Musik und das merken die Leute auch.
Vielen Dank für das Gespräch.