Foto: Jan Ehlers

„Ich bin in zwei Welten groß geworden und habe immer versucht, sie zu verbinden“, sagt Ouisam Elkertoubi-Nötzold. Die Eltern der 45-Jährigen stammen aus Marokko, sie selbst wurde in Darmstadt geboren. „Als Heranwachsende war es schwierig, in einer deutschen Welt zu leben und gleichzeitig die Kultur meiner Heimat nicht aufzugeben.“ Heute hat sie es geschafft, die zwei Seiten in sich zu vereinen: „Ich habe mir einfach von beiden das Schönste herausgesucht.“

Mit ihrer Tochter lebt Ouisam im Watzeviertel, sie malt, singt und kocht, liebt die Natur und bezeichnet sich selbst als Lebenskünstlerin mit „wildem Lebenslauf“. Ihr sei schnell klar gewesen, dass sie nicht immer in der Tajinerie ihrer Eltern aushelfen wolle, also absolvierte sie ein Soziologiestudium – mit dem Ziel, die Welt zu ändern. „Als das nicht klappte“, studierte sie humanistische Kunsttherapie und arbeitete mit Kindern und Jugendlichen. Sie gab Bewerbungs- und Lebenshilfeworkshops, richtete Musik- und Theaterprojekte aus und machte eine Ausbildung zur Heilpraktikerin.

Nach einer Zeit der Umorientierung, in der sie oft in Marokko war, wurde Ouisam klar, dass sie ihre „zwei Welten“ auch beruflich zusammenbringen muss, um sich vollständig zu fühlen: Sie gründete „Ouisams Cusina“ und begann, traditionelle marokkanische Kochkurse im Hoff-Art Theater zu geben und Veranstaltungen zu organisieren. „Aktuell liegt das Projekt auf Eis, denn beim Kochen am Lagerfeuer rückt man automatisch näher zusammen. Ich verkaufe Atmosphäre und das geht nicht mit Sicherheitsabstand.“

Auf Ouisams Engagement, ihre Kultur lebendig zu halten, wurde vor zwei Jahren ein marokkanischer Fernsehsender aufmerksam. „Einer meiner Kochkurse wurde dort ausgestrahlt und für meine Arbeit habe ich sogar einen Orden bekommen.“ Das Generalkonsulat stellte ihre Bilder aus und eine unabhängige Partei lud sie zu einer Convention prägender marokkanischer Frauen nach Casablanca ein. „Seitdem bin ich politisch aktiv und helfe, Konzepte auszuarbeiten, die die Unabhängigkeit von Frauen in Marokko fördern, ohne, dass sie ihre kulturelle Identität aufgeben müssen.“ Die Frage, ob sie Christin oder Muslimin ist, findet Ouisam schwierig zu beantworten. „Ich bin beides, außerdem Jüdin und Buddhistin, weil ich mir von allem nehme, was für mich passt – wie von einer Malpalette.“