Foto: Nouki Ehlers, nouki.co

Zwei Menschen, abgebildet in einem Moment der Zärtlichkeit. Mit geschlossenen Augen gibt die größere, männliche Gestalt der Partnerin einen Kuss auf den leicht zurückgelegten Kopf. Seine Augen sind geschlossen und die Nase in ihrem Haar vergraben, die Hände der beiden sind verschlungen an der Seite ihres Körpers.

Dieser in Bronze gegossene Akt der Zuneigung lebt von seiner Schlichtheit, beeindruckt allerdings durch Details an den richtigen Stellen. Bemerkenswert ist, dass der Künstler für diesen Moment keine idealisierten, jugendlichen Körper gewählt hat, sondern zwei Menschen, die schon länger durch das Leben zu wandeln scheinen, vielleicht auch gemeinsam, denn die dargestellte Zärtlichkeit vermittelt eine tiefe Vertrautheit.

Derartige Darstellungen als Skulptur im Stadtraum zu sehen, ist in unserer Wirklichkeit eine willkommene Abwechslung zu den meist mit Klischees beladenen und bis zur Unkenntlichkeit polierten Inszenierungen von Berührung in sozialen Netzwerken. Das performative Element dieser Medienbilder scheint diesem Paar zu fehlen, der Künstler hat es geschafft, einen Moment nachzuahmen, der eigentlich nur für diese zwei Personen existieren sollte.

Foto: Nouki Ehlers, nouki.co

Ehrliche Zärtlichkeit ist scheu und hat eine verletzliche Qualität, die dafür sorgt, dass wir nicht einfach starren, wenn wir sie irgendwo bemerken. Die langsamen und oft wiederholten Beobachtungen von Künstler:innen sind deshalb vielleicht die beste Form, diese flüchtigen Momente in Bilder zu übersetzen. Eine Künstlergruppe aus dem Rhein-Main-Gebiet, die als „Archiv der Zärtlichkeit“ arbeitet und schon mehrfach in Kunsträumen Darmstadts unterwegs war, hat sich auf diese Beobachtung spezialisiert. Einige Texte, Videos und Zeichnungen der Gruppe findet man unter archivderzaertlichkeit.de – ein Blick lohnt sich. Die Beschäftigung mit Zärtlichkeit scheint gerade in einer Welt mit immer weiter um sich greifender Gewalt eine gute Form des Widerstandes zu sein.

 

Kunst im öffentlichen Raum

Kunst findet man nicht nur in Museen und Galerien, sondern oft auch im Freien und für jede:n sichtbar. Manche Werke sind schon seit Jahrhunderten ein Teil des Stadtbildes, andere zieren es nur kurz. In Darmstadt haben einige Fügungen des Schicksals dafür gesorgt, dass es besonders viele Kunstwerke im öffentlichen Raum gibt. Ohne die schützenden Laborbedingungen eines White Cube gehen sie allerdings schnell unter. Dabei können gerade diese stillen Zeitgenossen unsere Wahrnehmung des Stadtraumes verändern und unser Verständnis von Welt herausfordern. Eine Einladung zum Fantasieren.