Dass Darmstadt keine langweilige Stadt ist, wissen die meisten schon. Die Kultur- und Kunstszene ist lebendig und bietet immer wieder Neues. Und Darmstadt bringt auch immer wieder kreative Köpfe hervor, die mit ihren Ideen von Mode-, Accessoire- und Produktdesign unsere Stadt bereichern. Wir stellen sie in unserer Reihe „Stilsicher“ vor.
Was sich mit kreativer Neugier und einer gesunden Einstellung zum Thema Haltbarkeit und Langlebigkeit anstellen lässt, zeigt Designerin Karola Rinke mit ihrem Label „Rasennäher“. Bei der Darmstädterin trifft Upcycling auf Kunstrasen: „Mal vordergründig, mal subtil werden unterschiedlichste Ausgangsprodukte wie Kronkorken, Marmeladenglasdeckel, Ordnerklemmen, diverse Textilien (Hosen, Röcke, Zeltplanen, Duschvorhänge), Fahrradfelgen, Ski, Hockey- oder Cricketschläger verarbeitet. Teilweise verrät erst der zweite Blick, was tatsächlich verwendet wurde.“
Aus einem Stück Plastikgrün, übrig geblieben von der Frühjahrs-Kur für den heimischen Balkonboden, entstand 2012 die erste Tasche, umschmückt mit Kunstrasendeko. Seither hat die studierte Architektin ihr kleines Gewerbe angemeldet, sich die Marke beim Patentamt eintragen lassen und weitere Entwürfe aus dem ungewöhnlichen Material in die Tat umgesetzt. Neben Bestsellern wie Taschen und Tischgärten – für Großstädter ohne grünen Daumen – sind in Karolas Werkstatt (im „R31“, Rößdörfer Straße 31) Garderoben, Lampenschirme, Schlüsselbretter und grasige Pinnwände zu sehen und kaufen.
Interessant sind die vielfältigen Eigenschaften des scheinbar trivialen Werkstoffes. Denn es gibt erhebliche Qualitätsunterschiede: Differenziert wird unter anderem Faserform und -struktur, Dichte der Stiche, Florhöhe, die Anzahl genutzter Farbtöne und die Haptik. Letztere ist bei den Stücken der Rasennäherin auffallend angenehm und weich. Wichtig ist Karola bei den entworfenen Stücken immer, dass sie damit „eine Geschichte verbindet. Das macht meine Designs für mich einzigartig und das finde ich toll.” Ihre ungewöhnliche Materialwahl ist auch nicht grundlos auf den Kunstrasen gefallen: „Ich habe viele Jahre Hockey gespielt und verbinde dadurch mit Kunstrasen viele schöne Momente meines Lebens.“
Die gelernte Schreinerin bezeichnet sich selbst als „Rasennäherin“. Der Name hat was Witziges, Absurdes – wer näht denn bitteschön Rasen? Er überrascht oder irritiert auch mal und erfordert genaues Hinschauen. Denn die meisten Menschen lesen zuerst das Wort Rasenmäher und bemerken erst beim zweiten Hinschauen das Wortspiel. Und anschließend Produkte, die abseits des Hipster-Mainstream sind – auf eine originelle und erfrischend grüne Art und … Wiese.