Foto: Mathias Hill

Der großgewachsene US-amerikanische Mittelstürmer Terrence Boyd, geboren 1991 in Bremen, spielt seit gut anderthalb Jahren für den SV Darmstadt 98. Davor waren Berlin, Dortmund, Wien und Leipzig seine fußballerischen Stationen. Für das P nahm sich der Kabinen-DJ der „Lilien“ in einem netten Lokal in der Innenstadt bei Rührei und Milchkaffee Zeit fürs entspannte Musikhören – aber auch für das Beantworten der Fragen, welche Songs Fußballer denn nun besonders motivieren und was er vom Vokuhila seines Trainers hält.

 

Bill Conti „Gonna Fly Now (Theme From Rocky)“

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Denver-Clan, „Fackeln im Sturm“, „For Your Eyes Only“ … die anderen Soundtrack-Arbeiten des Italo-Amerikaners William E. „Bill“ Conti sind ja schön und gut, aber so richtig berühmt geworden ist er 1977 mit dieser Hymne …

Terrence: Das ist aus „Rocky“ … wie heißt es denn?

Das P: „Theme From Rocky“ – eigentlich heißt der Song „Gonna Fly Now“, das wusste ich bis gestern aber auch nicht. Das wäre doch das perfekte Einlauflied in ein Stadion – aber das läuft nirgendwo, oder?

Ganz ehrlich: Ich hab‘ keine Ahnung, ich bekomm‘, wenn ich auf dem Platz stehe, gar nicht mit, was da aus den Boxen kommt. Ich könnte Dir nicht einmal genau sagen, was für ein Tor-Jingle gespielt wird. „Die Sonne scheint“ von Alberto Colucci, oder?

Und wie ist das mit den Fan-Gesängen? Ich stell mir das schwierig vor, weil ja am Böllenfalltor die verschiedenen Gruppen oft etwas Unterschiedliches singen.

Wenn man auf der Bank sitzt, kriegt man das schon mit. Aber auf dem Platz merkt man nur, ob die Grundstimmung gerade positiv oder negativ ist.

Mir wurde im Vorfeld gesteckt, dass Du der Interims-Kabinen-DJ bist und normalerweise Sandro Sirigu diesen Job inne hat.

Terrence [grinst]: Ich hatte das seit dem Auswärtsspiel im Winter in Dresden gemacht, danach haben haben wir zwölfmal nicht mehr verloren. Das war auch dann immer mein Argument, wenn sich mal ein Spieler beschwert, dass ihm ein Song nicht gefällt. Nach unserer Niederlage auf St. Pauli denke ich aber, dass Sandro diesen Posten wieder übernimmt.

Wie läuft das denn generell so ab? Drückt man da seine eigene Musik durch oder darf jeder mal?

Als Kabinen-DJ muss man allen gerecht werden. Die Spieler dürfen alle vorher Songs anmelden, da sind dann auch ein paar wilde Sachen dabei: Da gibt‘s Deutschrap, da gibt‘s Joevin Jones mit seinem karibischen Kram, da gibt’s Schlager. Fabi Holland und Marvin Mehlem gehören zum Beispiel musiktechnisch zur Ballermann-Fraktion. Das läuft dann auch. Was aber immer das letzte Lied ist, bevor wir auf den Platz gehen: „Can’t Stop“ von den Red Hot Chili Peppers.

 

Wiley feat. Skepta & MS D „Can You Hear Me (Ayayaya)“

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Der Hip-Hopper Wiley, auch als Eskiboy bekannt, ist einer der wichtigsten Produzenten des britischen Grime.

Terrence [ganz, ganz schnell]: So was hör‘ ich derzeit nur, das ist Grime, oder? Meine absolute Nummer eins ist momentan J Cole, aber ansonsten bin ich auch hängengeblieben auf Skepta und Konan und so weiter. Der britische Rap ist für uns Europäer einfach nahbarer als …

… der amerikanische Gangster-Rap.

Genau!

 

Pur „Abenteuerland“

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Hartmut Engler und seine Jungs landeten hiermit 1995 einen der größten Deutschrock-Hits aller Zeiten.

Was kommt jetzt? Schlager oder was? Hmm … Rock-Schlager … die Schlager-Fraktion bei uns in der Kabine hört ja eher solche Ballermann-Kaliber wie „Wie heißt die Mutter von Niki Lauda“ … schlimm, ganz schlimm … die sind mir alle ein Dorn … [lacht]. Aber das hier kenn‘ ich nicht. Was ist das?

Das ist Pur, das hab ich rausgesucht, weil es die Lieblingsband von Toni Kroos ist. Der ist sogar mit dem Sänger befreundet.

Woher stammt die Freundschaft? Toni Kroos stammt ja aus Greifswald, kommt die Band auch aus dem Osten?

Nein, eher aus dem Schwäbischen.

Ich dachte, dass da vielleicht die Verbindung herkommt.

Das weiß ich, ehrlich gesagt, auch nicht. Aber der Musikexpress hat vor der WM eine Typisierung der Musikgeschmäcker von Fußballern erstellt. Ich wollte Dich fragen, ob die Deiner Meinung nach zutrifft. Neben „Schwiegermutters Liebling / der Pur-Fetischist“ sind da auch die aufgelistet, die sagen „Ich hör das, was in den Charts ist oder im Radio läuft“.

Ja, das stimmt wirklich. Da hab ich aber lieber jemanden, der Schlager hört, das aber richtig fühlt, als jemanden, der gar keinen Musikgeschmack hat. Da weiß ich schon, dass ich mit der Person musikalisch keine Verbindung habe.

Na ja, es gibt ja auch das Argument vieler Profi-Fußballer, sie trainierten so viel, dass sie keine Zeit hätten, sich um die Entwicklung eines eigenen Musikgeschmacks zu kümmern.

Auf mich trifft das nicht zu. Natürlich ist das Training in der Vorbereitung anstrengend. Aber wir Profis haben, weil wir ja nicht mehr als vier Stunden am Tag trainieren, meiner Meinung nach genug Zeit, uns damit auseinanderzusetzen.

Die dritte Gruppe ist laut Musikexpress „die Möchtegern-Geschmackspolizei“. Berühmte Spieler hosten eigene Online-Playlists mit ihren aktuellen Lieblingshits. Und da landen dann neun Jahre alte Kanye-West-Songs drauf.

Das ist dann wohl eher Mitläufertum! [lacht]

Kommen wir zur vierten Fraktion: Die harten HipHop-Boys wie zum Beispiel Jérôme Boateng, die Chris Brown, Pitbull, Lil Wayne und Drake hören.

Also, da muss ich einhaken: Pitbull ist nur noch Pop, die Musik finde ich voll peinlich. Im Grunde hat er’s zwar richtig gemacht, weil sich damit viel mehr Geld verdienen lässt, aber mit HipHop hat das nichts mehr zu tun. Lil Wayne ist schon okay, da war ich früher auch ein harter Fan. Allerdings ist der voll verstrahlt. Genau wie Gucci Mane, mit seiner Eistüte auf der Backe. Manche von den neuen Rappern machen diese Styles dann nach und wollen das Image verkörpern, wirken dabei aber nicht authentisch.

 

Decubitus „Heller ist schneller“

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Vor drei Jahren haben die Darmstädter Punker Decubitus diese Hymne für den flinken Außenspieler der Lilien geschrieben. Seit er in diesem Sommer aus Augsburg zurückgekehrt ist, läuft sie auch wieder im Stadion.

Das P: Das hab ich gerade am Freitag erst am Böllenfalltor gehört.

Echt? Was singen die da? „Heller ist schneller“? Hat der ‘n eigenen Song? Ach nee … mach das aus! Das wusst‘ ich nicht. Kein Wunder, dass der immer so breitbeinig rumläuft [lacht].

Damit bestätigst Du ja indirekt, dass Du auf dem Platz wirklich nichts von der Musik mitbekommst.

Wer hatte denn noch einen eigenen Song? Kevin Großkreutz wurde bei Miami Yacine erwähnt: „Dortmunder Junge wie Großkreutz“, das war die Line. Das lief vor jedem Spiel. Das hab ich aus der Playlist sofort gestrichen, als er weg war, weil ich mit dem Lied nichts anfangen konnte [lacht]. Aber „Heller ist schneller“ ist cool …

Du kannst es ja mal in Deine Playlist einbauen.

Also, wenn er sich’s wünscht, dann mach‘ ich das, aber nur dann.

Diese Gefahr ist, so wie ich das einschätze, allerdings eher gering.

 

Andi Marek „Für di schlogt mei Herz“

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Eine mit viel Herzblut vorgetragene (Schlager-) Stadionhymne für den SK Rapid Wien, für den Terrence einst Tore geschossen hat.

Terrence [hört aufmerksam zu]: Ah, er singt „Hanappi“ [das Gerhard-Hanappi-Stadion war die Heimstätte des SK Rapid Wien], es geht also um Rapid Wien.

Das ist die neue Rapid-Wien-Vereinshymne von Andi Marek.

Ach, der Andi, das ist der Stadionsprecher. Das war schon ein schönes Stadion damals, vielleicht ein bisschen runtergekommen. Jetzt haben sie ja ein neues [das Allianz-Stadion, seit der Saison 2016/17], das kenn‘ ich aber leider noch nicht.

 

Sabine Wittwer „Für immer KSC“

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Noch ein Stadion-Schlager, diesmal aus Karlsruhe, aus dem Jahr 1995. Gesungen von der damaligen Ehefrau des KSC-Spielers Michael Wittwer.

Sie hat auf jeden Fall mehr Stimme als der Andi Marek. Hab ich da „Für immer KSC“ gehört? Normalerweise haben die beim KSC doch immer Akzent, oder? Das ist ja richtig Hochdeutsch. [lacht]

Das Lied lief dort schon zu Zeiten, in denen Euer heutiger Trainer Dirk Schuster als Spieler seine größten Erfolge feierte [er lief von 1991 bis 1997 in 167 Bundesligaspielen für den Karlsruher SC auf].

Ja, aus der Zeit hab ich neulich ein Bild gesehen, Schuster mit Vokuhila und Oberlippenbart, da hab ich ihm erst einmal einen Spruch reingedrückt, das war lustig.

Kann man mit dem Trainer denn über sowas frotzeln?

Ja, aber der Konter kommt dann immer doppelt so hart zurück, ha ha!

So, mehr Musik habe ich nicht mehr zu bieten. Hast Du eine abschließende Botschaft an die Lilienfans unter den P-Lesern?

Ich möchte mich im Namen der Mannschaft bedanken, dass Ihr uns durchgehend so supportet habt – was nicht selbstverständlich ist. Hoffentlich können wir eine sorgenfreiere Saison spielen und am Ende gemeinsam feiern.

Das wünschen sich, glaube ich, in diesem Jahr wirklich alle, die es mit den Lilien halten. Vielen Dank, Terrence, hat Spaß gemacht!

 

Superchillige Saison

So, 02.09., 13.30 Uhr: 1. FC Heidenheim – Darmstadt 98

Sa, 15.09., 13 Uhr: Darmstadt 98 – SV Sandhausen

Sa, 22.09., 13 Uhr: Dynamo Dresden – Darmstadt 98

Di, 25.09., 18.30 Uhr: Darmstadt 98 – Arminia Bielefeld

Fr, 28.09., 18.30 Uhr: Holstein Kiel – Darmstadt 98

www.sv98.de

 

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