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Die Brauer aus dem Weschnitztal (von links nach rechts): Florian Köhler, Stefan Karasi, Marcus Nowotny | Foto: Wolfgang Merkle

Alles muss man selber machen. Oder besser, man kann. Das dachten sich drei Jungs aus dem Odenwald und fingen an, ihr eigenes Bier zu brauen. Das bisherige Ergebnis: drei Craft-Beer-Sorten – außergewöhnlich bis ins Design der Flaschen.

Es ist voll im Café Hess. Wir sitzen an dem langen Tisch, der mitten drin steht. Florian Köhler und Stefan Karasi sind schon da. Marcus Nowotny, der dritte „Weschnitztaler“, ist noch mit frischem Bier fürs „Hess“ unterwegs. Kein Grund für uns, nicht schon mal eins oder zwei zu trinken. Man gönnt sich ja sonst nichts.

Als Marcus dazu stößt, beginnt dann der hochoffizielle Teil des Gesprächs. Wir fragen. Florian, Marcus und Stefan antworten. Dabei stellt sich schnell heraus, dass jeder der drei einen anderen beruflichen Background hat und – natürlich – ein anderes Mitteilungsbedürfnis.

Florian ist Brau- und Malzmeister, arbeitet aber im Außendienst einer Firma für industrielle Desinfektionsmittel. Marcus ist staatlich geprüfter Elektrotechniker und Stefan Nutzfahrzeugmechatroniker. Ihr Bier brauen sie noch nebenberuflich am Wochenende. Doch das soll sich ändern. Am Masterplan wird schon gewerkelt.

Gründe zum Gründen

Die Weschnitztaler Brau-Manufaktur existiert als Unternehmen seit 2013 und als GmbH in Fürth seit Anfang 2015. Aber alles begann schon so um 2005, als Florian kurz vor dem Ende seiner Ausbildung zum Brauer bei Eichbaum in Mannheim stand. Getrieben von unbändiger Neugier und Lust auf Neues startete er Versuche in der Küche seiner Mutter. Zuerst im Zwanzig-Liter-Topf, kurze Zeit später in der Garage.

„Klar,“ sagt Florian, „Braumeister haben immer den Traum von der eigenen Brauerei.“ Aber in Fahrt kam das Ganze erst nach ein paar Bierchen, als Marcus sich entschloss, für seine Abschlussarbeit die Automatisierung einer Brauanlage mit Temperaturüberwachung zu entwickeln. Mit Stefan und seinen Kenntnissen in der Metallverarbeitung war das Trio dann komplett. Florian über Stefan: „Der ist wie ein Schweizer Taschenmesser, der kann alles.“

Natürlich wurde auch die Garage schnell zu klein. Es ging in eine alte Autowerkstatt. Hier wurde jetzt akribisch gebraut, ausgelassen gefeiert und tüchtig ausgetrunken. Im März 2015 folgte der Umzug nach Fürth – in eine Halle mit viel mehr Platz für alles. Die komplette Brauanlage und das Kühlhaus haben die Weschnitztaler nicht nur selbst entwickelt, sondern auch selbst gebaut und vom verkauften Bier bezahlt. Denn die Finanzierung der Brau-Manufaktur wollte keine Bank übernehmen.

Leidenschaftlich fokussiert

So richtig gutes Bier, das wollen sie machen. Aber blauäugig gehen sie in Fürth deshalb noch lange nicht zu Werke. Sie wissen durchaus, dass ihr Projekt in vielerlei Hinsicht voll im Trend liegt. Schließlich ist Craft-Beer genauso angesagt wie regionale, naturbelassene Lebensmittel. Und die verarbeiteten Rohstoffe stammen abgesehen vom Hopfen tatsächlich aus der Region.

„Wir sind definitionsmäßig eine Craft-Beer-Brauerei“, sagt Florian. Also eine privat geführte Mikro-Brauerei, die natürliche Rohstoffe verwendet. „Das betonen wir zwar nicht, aber das lässt uns Raum für Experimente.“ Neben der individuellen Note ihrer Biere legen sie größten Wert auf Qualität, aber auch auf die Präsentation des Gerstensaftes. „Man kann was haben, das wie Katzenpisse schmeckt, sich aber durch gutes Marketing wie Red Bull verkauft!“, erklärt Marcus. Eine spießige Goldpräge-Etikettierung kam schon deshalb nicht in Frage. Jünger und cooler sollte sein. „Wir haben mit unseren Etiketten den Nerv der Zeit getroffen“, ist Marcus überzeugt.

Und wie geht es weiter?

Der Vertrieb im Dreieck Heidelberg, Mannheim und Darmstadt soll ausgebaut werden – also mehr Weschnitztaler fürs Volk. Deshalb wird einer der Herren demnächst wohl Vollzeitbrauer werden – auch, um die vollgepackten Wochenenden zu entlasten. Das Leben besteht eben nicht nur aus Bier allein, denken selbst die begeisterten Brauer. Neben Handel und Gastronomie stehen Events in ihrem Fokus. „Da geht noch was“, meinen sie – insbesondere auf Konzerten. Außerdem führt ein viel begangener Wanderweg direkt an der Brauerei vorbei, der durchaus einen Biergarten vertragen könnte.

Und dann müssen sie noch ihren Pritschenwagen abladen. Während sie Kästen und Fässer in den Keller des Café Hess schleppen, bleibt uns ein wenig Zeit für Fakten. In Darmstadt gibt es ihr Craft-Beer bisher im Café Hess, im „Heiping“ in Bessungen und im Boulderhaus. Die drei Sorten sind: „Amber“ (das helle Lager), „Flint“ (das naturtrübe Pils) und „Basalt“ (das finstere Schwarzbier). Weitere sind in Planung.

Als der LKW leer und der Keller voll ist, gehen wir alle nach Hause, die drei Weschnitztaler kacheln zurück nach Fürth und ich … ich wahß net, ich hab heit schon de ganze Daag so en vasteckte Dorscht.

 

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Foto: Jan Ehlers

Endlich! Gutes.

Noch mehr bunte Weinverkostung findet Ihr unter www.endlichgutes.de – genau wie weitere kulinarische Abenteuer im Odenwald und an der Bergstraße.

Auch künftig werden die „Endlich! Gutes.“-Blogger Michael Frank, Thomas Hobein und Wolfgang Merkle regelmäßig einen Abstecher zum Gedruckten machen und Euch in P-gerechter Art und Weise Episoden ihrer kulinarischen Abenteuer präsentieren.