Grafik: Rocky Beach Studio
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Gute Unternehmer haben immer einen Plan. Sehr gute Unternehmer können diesen Plan kurzfristig sogar veränderten Marktbedingungen anpassen. Hans Kessler hat als Präsident des SV Darmstadt 98 bisher wenig falsch gemacht: Insolvenz abgeschmettert, Vereinsfinanzen geordnet – und sein Fehler, Zivojin Juskic als Trainer zu verpflichten, wurde durch die Berufung von dessen Nachfolger Kosta Runjaic wettgemacht. Es folgte zwangsläufig ein solider Business-Plan von Kesslers Präsidium: sich in der aktuellen Regionalligasaison sportlich konsolidieren, in der nächsten in der Spitzengruppe etablieren – und in der darauffolgenden um den Aufstieg in die Dritte Liga spielen. Seit Oktober kann diese Strategie dem Mülleimer übereignet werden.

Denn wer in drei Jahren noch in der Regionalliga Süd spielt, wird vielleicht für immer dort spielen, bestenfalls. Und deswegen kann es für den SV Darmstadt 98 nur heißen: Plan ändern. Nichts wie raus hier! Nach oben, wohlgemerkt. Was im Oktober der Delegiertenkongress des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) als Reform für die vierte Liga  verabschiedet hat, ist gewiss eine Veränderung, mitnichten aber eine Verbesserung. Ab der Saison 2012/2013 soll es fünf statt bisher drei vierte Ligen geben. Fünf Staffeln à 18 Teams – und wer es in die Dritte Liga schafft, wird in einer Aufstiegsrunde ermittelt. Die zweiten Teams der Proficlubs dürfen weiter mitspielen. TV-Gelder fallen noch dürftiger aus.Herzlichen Glückwunsch zu dieser Verödung des unterklassigen Fußballs!

Kessler war über den Beschluss „schockiert“, wie er es formuliert. Aber weil er weiß, dass daran nicht zu rütteln ist, dürfte er so langsam mit einer Novellierung seines Aufstiegsplans beginnen. Warum drei Jahre warten, wenn die Zeit jetzt reif dafür ist? Zumal die Mannschaft ihr Zwischentief überwunden hat und nicht den Eindruck vermittelt, unbedingt länger als nötig in der vierten Liga spielen zu wollen. Von Kessler war schon zu hören, dass er die Mission „Aufstieg jetzt“ forcieren wird, sollte der SV Darmstadt 98 in der Winterpause nur mit maximal sieben Punkten hinter Tabellenführer Hessen Kassel rangieren. Freilich müssten dann die Sponsoren mitspielen, um die Mannschaft zu verstärken oder die Rahmenbedingungen zu verbessern (Wintertrainingslager). Auf Pump wird Kessler niemals irgendeine sportliche Qualitätsverbesserung am Böllenfalltor erzwingen, dafür ist der ehrenamtliche Handelsrichter ein zu solider Kaufmann.

Wer mehr sein will als gehobenes Mittelmaß in der Regionalliga, muss mehr leisten. Das hatte Trainer Runjaic schon vor geraumer Zeit zu Bedenken gegeben und damit Mannschaft, Verein und das berühmte Umfeld gemeint. Einige Fans reagierten wie immer sofort beleidigt, weil sie glaubten, ihre Treue werde wie immer nicht angemessen wertgeschätzt. Wen Runjaic vielmehr meinte, waren die Fans, die seit geraumer Zeit nicht mehr ins Stadion kommen, weil sie vom ewigen Abstiegskampfgegurke genug haben.

Runjaic meinte mit „Umfeld“ aber auch die Sponsoren, die sich ebenfalls gerne im überregionalen Licht sonnen möchten, denn schließlich kommt in der Dritten Liga auch die „Sportschau“ ins Stadion. Doch wer Big-Fußball-Business haben will, muss eben auch finanziell investieren. Die berühmte „Lilie im Herzen“ zu haben ist ja ganz nett. Aber zu wenig für einen Aufstiegsplan.