Die Kaderpolitik vor der Bundesligasaison 2016/17 wird noch heute von den Lilienfans als einigermaßen abenteuerlich empfunden. Über das Personal, das Chefcoach Norbert Meier und Sportdirektor Holger Fach ans Bölle lotsten, schütteln sie jedenfalls auch nach dreieinhalb Jahren noch mit dem Kopf. Was wurde aus den Kickern, von denen die meisten keine Spuren hinterließen?
Auf die ersten drei Sommer-Neuzugänge von damals trifft das allerdings nicht zu: Daniel Heuer Fernandes, Michael Esser und Immanuel Höhn. Esser avancierte in der Bundesligasaison 2016/17 zu einem der besten Keeper der Liga, bevor er nach Hannover ging. Ihn beerbte Heuer Fernandes, der sich zwei Spielzeiten lang als ebenso starker Rückhalt der Blau-Weißen erwies. Inzwischen spielt er beim HSV. Innenverteidiger Höhn trägt bis heute die Lilie auf der Brust; derzeit als Stammspieler. Den Rest der insgesamt 14 Meier/Fach-Neuzugänge hielt es bestenfalls ein Jahr am Bölle. Das lag zum einen an Leihverträgen, zum anderen an ihren überschaubaren Leistungen.
Roman Bezjak
Der damalige Königstransfer hieß Roman Bezjak. Der Slowene kam als Nationalspieler und hatte bereits in Bulgarien Titel gefeiert und im Europapokal gespielt. Beim SVD durfte er sich – unterbrochen durch eine Leihe – zweimal ein halbes Jahr versuchen. Er brachte es aber lediglich auf 16 Einsätze und wirkte im ohnehin nicht gefestigten Team verloren. Während seiner halbjährigen Ausleihe nach Rijeka holte er das kroatische Double. Anfang 2018 wechselte er zu Jagiellonia Bialystok nach Polen, wurde Vizemeister, und nach seinem Wechsel zu APOEL Nikosia zyprischer Meister. Aktuell ist er wieder Nationalspieler und lief für APOEL (unter Trainer Thomas Doll) in der Qualifikation zur Champions League gegen Ajax Amsterdam auf.
Antonio Colak / László Kleinheisler
Für Angreifer Antonio Colak gewann die Karriere nach seinem Jahr bei den Lilien an Fahrt. Auf ein kurzes Gastspiel beim FC Ingolstadt folgte im Januar 2018 der Wechsel zu HNK Rijeka. Mit dem Klub gewann er im Sommer den kroatischen Pokal, verpasste den Einzug in die Europa League aber knapp. Mit seiner Torquote zählt der Deutsch-Kroate zu den Leistungsträgern im Team: 57 Partien, 30 Tore, zwölf Vorlagen. Ebenfalls in Kroatien spielt László Kleinheisler, der die Lilien nach nur sechs Monaten wieder verlassen hatte. Seit Februar trägt der Ungar das Trikot von NK Osijek. Zuvor sammelte er anderswo Titel: Mit Ferencváros Budapest 2017 den Pokal in Ungarn und danach zweimal den kasachischen Meistertitel mit dem FC Astana. Das war für ihn gleichbedeutend mit Champions-League-Quali und Europa-League-Teilnahme. Zum Kader der ungarischen Nationalelf zählt er zudem.
Alexander Milosevic / Leon Guwara
Auch Alexander Milosevic, der bei den Lilienfans sicher keinen allzu bleibenden Eindruck hinterlassen hat, durfte zwischenzeitlich eine Trophäe gen Himmel recken. Zunächst von Besiktas Istanbul zu Rizespor in die zweite türkische Liga verliehen, war er daraufhin kurzzeitig ohne Vertrag, nur um 2018 als Stammspieler für AIK Solna den schwedischen Meistertitel zu erringen. Anschließend wechselte er in die lukrative zweite englische Liga zu Nottingham Forest, wo er zu einer festen Größe wurde. Ein Trainerwechsel im Sommer ging jedoch auf seine Kosten. Seither ist er außen vor, eine Fanumfrage zeigte Mitte September aber, dass er aufgrund der Leistungen aus der Vorsaison noch geschätzt wird. Sogar in den erweiterten Kreis der schwedischen Nationalelf hat er es wieder geschafft. Sein Glück gefunden hat Leon Guwara. Der Außenverteidiger spielte nach seiner Zeit am Bölle 25-mal für Kaiserslautern. Im Sommer 2018 folgte ein Wechsel zum FC Utrecht, Stammverein der aktuellen Lilie Dario Dumic. Schon in der letzten Saison avancierte Guwara dort zum Stammspieler, bevor ihn eine Verletzung ausbremste. In dieser Saison ist er beim erweiterten Spitzenteam erneut gesetzt, kassierte in der noch jungen Saison aber bereits zwei (!) Platzverweise. International durfte er ebenfalls ran, scheiterte mit seinem Klub allerdings in der Quali zur Europa League.
Änis Ben-Hatira / Denys Oliynyk / Artem Fedetskyi
Änis Ben-Hatira ging nach seinem unfreiwilligen Abschied von den Lilien zu Gaziantepspor in die Türkei, bevor er mit Esperance Tunis 2018 den Meistertitel in Tunesien und die Champions League in Afrika gewann. Nach einem halben Jahr ohne Vertrag spielt er seit Februar bei Honvéd Budapest. Denys Oliynyk, dessen Zeit bei den 98ern von Verletzungen geprägt war, blieb nach dem Bundesligaabstieg zunächst ohne Verein, bevor er in seiner ukrainischen Heimat für Desna Chernihiv und Kobra Kharkiv in der 2. Liga auflief. Im Sommer 2018 zog es ihn – die Hörer des „drei90“-Podcasts werden es wissen – zum finnischen Klub SJK Seinäjoki. Dort kommt er in 43 Spielen auf 16 Torbeteiligungen. Sein Landsmann Artem Fedetskyi ging nach seinem SVD-Jahr zurück in die Ukraine zu Karpaty Lviv, die er zwei Jahre lang regelmäßig als Kapitän aufs Feld führte. Im Sommer beendete der Verteidiger seine Karriere.
Victor Obinna / Sven Schipplock / Igor Berezovskyi
Für die restlichen Meier/Fach-Transfers lief es nach ihrem Weggang aus Darmstadt gar nicht mehr. Victor Obinna, den der SVD schon nach sechs Monaten vor die Tür gesetzt hatte, blieb zunächst ohne Klub, bevor er ein kurzes Engagement bei Cape Town City in Südafrika ergatterte. Seit anderthalb Jahren spielt er keinen Fußball mehr, ohne jedoch sein Karriereende verkündet zu haben. Auch Sven Schipplock spielt – verletzungsbedingt – kaum noch Fußball. Beim HSV immerhin noch elfmal. Für Arminia Bielefeld stehen seit 2018 lediglich vier Partien zu Buche. Bliebe noch Igor Berezovskyi. Der Keeper ist aktuell wieder beim SVD. 2017 gegangen, kehrte er im Januar 2019 zurück, ohne zwischenzeitlich bei einem anderen Verein gewesen zu sein. Die Verletztenmisere bei den SVD-Keepern verhalf ihm zum unverhofften Comeback, wie auch im August wieder. Für die Lilien gespielt hat er jedoch in einem Pflichtspiel noch nie.
Und Holger Fach? War bei keinem Profiklub mehr angestellt. Norbert Meier durfte sich immerhin noch beim 1. FC Kaiserslautern und beim KFC Uerdingen versuchen, mit überschaubarem Erfolg.
Punkte hamstern!
Sa, 02.11., 13 Uhr: Greuther Fürth – SVD
So, 10.11., 13.30 Uhr: SVD – Jahn Regensburg
Mo, 25.11., 20.30 Uhr: Hannover 96 – SVD
So, 01.12., 13.30 Uhr: SVD – Arminia Bielefeld
Matthias und der Kickschuh
Seit Ende 2011 schreibt Kickschuh-Blogger Matthias Kneifl über seine große Leidenschaft: den Fußball. Gerne greift er dabei besonders abseitige Geschichten auf. Kein Wunder also, dass der studierte Historiker und Redakteur zu Drittligazeiten begann, über die Lilien zu recherchieren und zu schreiben. Ein Resultat: das Taschenbuch „111 Gründe, den SV Darmstadt 98 zu lieben“, das (auch in einer erweiterten Neuauflage 2019) im Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag erschienen ist. Seit Juli 2016 begleitet Matthias gemeinsam mit vier Mitstreitern die Lilien im Podcast „Hoch & Weit“. Genau der richtige Mann also für unsere „Unter Pappeln“-Rubrik!