Foto: Jan Ehlers

Das neue Album von Wight ist eine schillernde musikalische Wundertüte. Was natürlich auch an der personellen Zusammenstellung der Band liegt. Die „Wichte“ bestehen heutzutage aus Sänger und Gitarrist René Hofmann, Peter-Philipp Schierhorn am Bass, Schlagzeuger Thomas Kurek und Steffen Kirchpfennig, der Percussion und Synthesizer bedient. Seit 2008 ist Wight fester Bestandteil der Darmstädter Rockszene und kann auf ein Œuvre von vier Studio- und einem Live-Album blicken. Auf den ersten Scheiben noch sehr heavy und doomig klingend, durchzieht das jüngste Werk „Spank The World“ eine gewisse funkig-psychedelische Leichtigkeit. Für das P Grund genug, René und Philipp zu einem ebenso funkig-psychedelischen Hörspiel einzuladen. Los geht’s! Let’s get stoned!

 

Prince „Let’s Go Crazy“

Mit einem ebenso weihevollen wie augenzwinkernden Intro beginnt die Platte, die den Prinzen aus Minneapolis 1984 endgültig zum Superstar machte.

Philipp: Oh ja, es eiert schon mal ganz schön …

René: Prince! Und es ist von der „Purple Rain“ … aber bei Songtiteln bin ich ganz schlecht. „Let’s Get Crazy“ oder so. Mein Lieblingssong von dem Album ist ja „Darling Nikki“ …

… in dem es um Prostitution und Masturbation geht. Der Song ist übrigens verantwortlich dafür, dass heute diese „Parental Advisory“-Sticker auf vielen Alben kleben. Tipper Gore, die Frau des späteren US-Vize-Präsidenten, kam nämlich ins Zimmer ihrer Tochter und wollte wissen, was die da gerade hört. Und das war natürlich Prince. Daraufhin startete sie eine große öffentliche Zensur-Kampagne.

Philipp: Ja, und in dem Zusammenhang musste zum Beispiel auch Dee Snider von Twisted Sister zu einer Anhörung im US-Kongress.

René: Äh … um auf Prince zurückzukommen: Ich hab‘ ja ein Faible für diese DX-7-Sounds [der Synthesizer Yamaha DX-7 erfreute sich Mitte der 80er so großer Beliebtheit, dass er streckenweise auf 90 Prozent aller Chart-Hits zu hören war]. Und ich fand auch Prince’s „Batman“-Soundtrack [gilt als mit Abstand schlechtestes Album des Meisters] schon als Kind sehr gut.

Ich hab den Song ja eigentlich wegen des gesprochenen Intros ausgesucht, denn ich war davon ausgegangen, dass Euer ebenfalls gesprochenes Intro auf dem „Spank The World“-Album eine bewusste Prince-Hommage wäre.

René: Nee, ich glaube, da sind wir alle, Prince und Wight, vom gleichen Mothership beeinflusst [welches das ist, wird in Bälde klar …]. Den Text hat ein Freund von uns aus Haarlem, Joshua Baumgarten von The Irrational Library, geschrieben. Er hatte uns mal nach Haarlem [Stadt nahe Amsterdam] gebucht und an dem Abend für jede Band, die gespielt hat, ein Gedicht geschrieben, das er als Ansage vorlas.

Phillip: War das nicht 2014, als der Thomas das Auto kaputt gefahren hat?

René: Genau! Als das Cover fertig war …

Philipp: … und das war schon vor den Texten …

René: … haben wir ihm gesagt: „Stell Dir vor, die Erde soll zerstört werden, die Bewohner drehen alle durch, und Du bist der Roboter auf dem Cover, der ’ne Ansage macht.“ Dazu hat er dann einen tollen Text geschrieben und vorgetragen. Ich musste ihn nur leider etwas kürzen.

 

Mulatu Astatke „Yekatit“

Der Großmeister des äthiopischen Jazz mit einem sehr entspannt groovenden 74er-Titel über den Februar.

René [sofort]: Ah … Mulatu Astatke … aber frag mich nicht nach dem Titel, Du weißt ja …

[Philipp wirft ihm einen fragenden Blick zu, René bescheidwisserisch:] Das ist so äthiopischer Jazz. Die Sachen aus den 60ern find ich noch besser, mit etwas schiefen Bläsern und einem ganz eigenen Sound.

Philipp: Klingt für mich ganz nach entspannter Fahrstuhlmusik.

Aber in dem Fahrstuhl möcht‘ ich nicht stehen, da könnten auch zwei Killer mit Schalldämpferpistolen links und rechts mitfahren …

René: Oder schon „entspannte Fahrstuhlmusik“, aber auf Pilzen, ha ha!

 

Funkadelic „Cosmic Slop“

Titelsong des 73er-Albums der Funk-Mörder-Gruppe um George Clinton, hier in einer Live-Version.

René [denkt erst nach, singt dann mit]: Ah! Das ist Funkadelic … die Melodie und das Riff vom Bass sind unverkennbar. „Take It To The Slope!“ Mein Favorit von diesem Album ist „Standing On The Verge Of Getting It On“ [das ist der Titelsong des darauffolgenden Albums, aber wie gesagt: Mit Titeln hat er’s nicht so …].

Könnt Ihr Experten mir erklären, wo der Unterschied zwischen Funkadelic und Parliament liegt, die ja beide von George Clinton gegründet wurden und fast identische Besetzungen haben?

René: Ganz einfach: Die hatten jeweils einen anderen Plattenvertrag. Es hatte aber auch künsterische Gründe … Funkadelic ist rockiger. Aber ganz allgemein, zum Thema „Bandbesetzung“: Es hat auch viel mit der inneren Struktur und der Intention zu tun, wie man zu seiner Band steht. Bei uns ist es zum Beispiel so, dass wir uns keine Ziele mehr setzen.

Philipp: Und es hängt auch damit zusammen, welche Rolle du in der Band hast, ob du in den kreativen Prozess eingebunden bist oder nicht, ob du Side-Man oder Front-Man bist und so weiter.

Ihr nennt Funkadelic als direkten Einfluss. Ich hatte sie auch tatsächlich schon zum Vorspielen rausgesucht, bevor ich davon gelesen hatte. Wie kam der Wandel weg vom Doomig-Psychedelischen hin zum Funkigen zustande?

Philipp: Mit unserem ersten Drummer ging das schon ein bisschen in diese Richtung, dann haben wir viel Fusion gehört und dann kam ein neuer Schlagzeuger dazu, der sehr groovig spielt. Das hat sich dann verselbstständigt.

René: Ich hab als Teenager viel gehört, was doomig und schwer war. Und dann war Funkadelic für mich der Knackpunkt zu etwas anderem, weil sie die Verbindung von „schwarzer Musik“ und Rockmusik herstellten. Das hat mich total geflasht! Und durch Funkadelic bin ich zur „schwarzen Musik“ durchdiffundiert. Und so vor acht, neun Jahren haben Philipp und ich einen gemeinsamen Nenner in Weather Report gefunden. Parallel dazu kam es dazu, dass wir als Band das Ziel aufgegeben haben, in irgendeiner „Szene“ einen Platz zu finden.

Philipp: Die Frage wäre auch bezüglich unserer ersten Platte: Hätten wir die Motivation gehabt, so etwas noch mal zu schreiben oder zu spielen?

René: Wir haben gemerkt, als ein neuer Drummer dazukam, dass wir als Band uns an die neuen Mitglieder anpassen müssen. Wir müssen sozusagen … äh … Anti-Körper bilden und in guter Symbiose mit dem Virus leben [grinst].

Philipp: Ich hoffe, die Leute werden nie sagen: „Mit diesem Album haben Wight ihren Stil gefunden.“ Vielmehr hoffe ich, wir werden nie einen Stil gefunden haben. Guck Dir zum Beispiel Queen an: Die haben so viel gemacht, und nicht alles war gut, aber sie haben sich immer wieder verändert.

Und sie druckten in den 70ern auf fast alle Alben den Hinweis „No synthesizers were used on this record.“ Und bei Euch ist zu lesen: „No software instruments“.

Philipp: Ja, vielleicht ist ja „Software“ das neue „Synthesizer“ …

René: Und die hatten auch einen Roboter auf dem Cover [bei „News of the World“]!

 

Antilopen Gang „Lied gegen Kiffer“

 

Die Aachen-Düsseldorf-HipHop-Anti-Alles-Fraktion schlachtet auf ihrem neuesten Album die heilige Kuh der HipHopper: Das Kiffen (cooles Video auch … ).

René: Klingt nach Yassin und Audio88 …

Philipp: Ich hab auch mal auf einem HipHop-Song gegen das Kiffen Bass gespielt, von K.Pecx aus Aschaffenburg, aber der war eher ironisch gemeint.

Fühlt Ihr Euch angesprochen vom „Lied gegen Kiffer“?

Philipp: Ich gar nicht … Gut, dass unsere Musik damit gar nichts zu tun hat. „Weedy“ steht ja zum Beispiel nur für „schwächlich“ [grinst].

René: Und „stoned“ für „schwer wie ein Stein“ [grinst noch mehr] … Aber jetzt müssen wir aufpassen, dass wir keinen Ärger mit Yassin und Audio88 kriegen, weil wir die mit den Antilopen verwechselt haben. Dann haben wir Beef mit denen.

Philipp: Gibt‘s das noch … Beef?

 

The Flaming Lips „Moth In The Incubator“

Die Motte im Brutkasten, ein schönes Bild, das die „fearless freaks“ des US-Punk 1993 entwarfen. Aus heutiger Sicht ein wahres Wunder, dass so etwas auf einem Majorlabel erschienen ist.

René: Es ist auf jeden Fall grungig, und zwar die Sorte Grunge, die ich nicht so oft gehört habe. Blind Melon? Was gibt’s denn da noch so … Pixies?

Philipp: Klingt wie aus dem Mülleimer. Könnte eine Steve-Albini-Produktion sein, der arbeitete ja nach dem Motto: Wenn ein Akkord gut klingt, ist er falsch.

Ich muss Euch enttäuschen. Das ist „Moth In The Incubator“ von den Flaming Lips. Ihr wusstet ja sicher, dass die Isle of Wight Wainscot Moth (zu deutsch: die Riedeule), der Isle of Wight Piercer (der Bärenschotenwickler), und die Isle of Wight Wave (der Hauhechel-Kleinspanner) zu den wichtigsten Mottenarten zählen, oder?

Philipp [ungläubig]: Und damit Du uns das erzählen kannst, hast Du uns die Flaming Lips vorgespielt?

René: Aber die sind doch super! Die haben mal mit Miley Cirus „Lucy In The Sky With Diamonds“ gecovert, eine tolle Version … total übersteuert [singt lauthals den Refrain]!

Und außerdem noch „A Day In The Life“ von den Beatles und mit „The Floyd Song (Sunrise)“ ein Lied, in dem Miley den Tod ihres Hundes verarbeitet.

Philipp: Ich hasse aber Miley Cirus allein deshalb schon, weil ihr Vater das schlimmste Lied aller Zeiten geschrieben hat.

Schlimmer noch als „That Don’t Impress Me Much“ von Shania Twain?

Philipp: Ja. „Achy Breaky Heart“ ist noch schlimmer. Das wurde sogar wissenschaftlich begründet – aber ich hab’s mir nicht ganz durchgelesen.

 

Mark Ronson feat. Domino „No One Knows“

Der Chef-Produzent und Mister Uptown Funk hat sich 2007 den Klassiker einer (Ex-Stoner?-)Rock-Band geschnappt, ihn in einen Soulsong umgewandelt – und ihn dann auf einer B-Seite versteckt.

René: Das ist auf jeden Fall „No One Knows“ von Queens Of The Stone Age, aber von wem?

Tipp: Es ist ein Star-Produzent, der sich eine Gastsängerin dazugeholt hat.

Philipp: David Guetta, ha ha …

Nee …

René: Mark Ronson? Ja? Dann ist das ja gar nicht weitgeholt, denn der hat das letzte Queens-Album produziert.

Und wie findet Ihr die Version?

René: Mit Amy Winehouse wär’s noch besser gewesen. Er hat ja auch ihr zweites Album [den Zehn-Millionen-Seller „Back To Black“ von 2006] gemischt. Das hatte sie erst mit den Dap-Kings [US-Retro-Soul-Combo, bekannt als Backing-Band von Sharon Jones und Betreiber des Liebhaber-Labels Daptone] aufgenommen, schön soulig. Aber der Plattenfirma gefiel es nicht und da musste der Ronson noch mal ran.

Philipp: Hat der nicht auch was mit diesem Elvis-Remix von „A Little Less Conversation“ zu tun?

Nee, das war Junkie XL. Der Name musste dann auf Geheiß der Presley-Familie auf JXL gekürzt werden. Der volle Name kam im Kontext mit Elvis nicht gut an …

René: Ah jou, weesche deene ganze XL-Cheeseburger, die de King gegesse hat, klar …!

Und mit diesem kleinen Exkurs sind wir auch leider schon wieder am Ende. Und wie immer steht da die Frage: Habt Ihr noch eine abschließende Botschaft an die P-Leser?

René: P-leipt gesund!

Philipp: So sacht mer …!

 

Neues Album, neues Glück

Ende April 2020 haben Wight ihr viertes Album „Spank The World“ released. Erhältlich ist es digital, auf CD und Vinyl (LP für 20 € erhältlich bei Comic Cosmos, Come Back und Musik als Hilfe, bei Come Back gibt’s auch die CD für 12 €).

 

Win! Win! Das P verlost 2 CDs „Spank The World“.

Quizfrage: Wie heißt die Insel, auf der so viele Motten rumfliegen?

Schreibt die richtige Antwort in die Betreffzeile Eurer Mail an verlosung@p-verlag.de – und Ihr könnt das Album als CD gewinnen!

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