Foto: Jan Ehlers
Foto: Jan Ehlers
Phantasianer leiden seltenst unter Langeweile! Phantasianer, so nenne ich Menschen, die sich mit Phantasie beschäftigen, denn Guido Knopp bezeichnete sich neulich als Historianer. Das fand ich gut, denn Historiker ist der bestimmt nicht! Dann bin ich jetzt eben Phantasianer, drum narren meine Gedanken mich – und ich narre meine Gedanken. So geschieht es mir zumindest seit einigen Wochen, wenn ich dieses verlassene Fahrrad sehe.

Das Rad ist ein Gutes. Denke ich. Es war oder, und das ist es ja gerade, es ist jemandem lieb. Warum steht es denn nun aber schon seit Wochen, zwar mit einem massiven Schloss an einem massiven Zaun befestigt, jedoch so präsentierteller-mäßig an einer durchaus als brisant zu nennenden Stelle, dass auch ein „Mein Rad ist registriert“-Aufkleber anno 1986 nichts geholfen hätte! Warum riskiert der Besitzer das? Hat er vergessen, wo er es trunken stehen ließ? Liegt er, Gottweißwarum, im Krankenhaus und kann es deshalb nicht mit heim nehmen? Wurde er, ob einer am Abend in einem Restaurant geschlossenen Übereinkunft, ab dem nächsten Morgen festangestellt, musste dafür aber direkt für drei Monate zur Einarbeitung nach Düren? Gerade deswegen hätte er sein Rad wohl sicherlich noch in den Fahrradkeller gestellt. Es sei denn, er saß einer Drückerkolonne auf. Und wenn schon Drückerkolonne: Verhaftet, vielleicht wurde er ja verhaftet? Nein, verhaftet worden ist er bestimmt nicht. Hoffentlich nicht! Am Ende gar noch weggesperrt wegen Fahraddiebstahls, ohne dass auf der Wache jemand von explizit diesem Rad etwas weiß. Das wären Erklärungen. Oder sind es doch nur übermütige Studenten aus dem Haus gegenüber, die sich einen Spaß daraus machen, angeheitert zu beobachten, ob jemand beginnt, sich an dem Rad zu schaffen zu machen, um ihn mit Wasserbomben oder Farbbeutelmunition einzudecken. Letzteres verurteile ich, bei den Wasserbomben würde ich mich aber durchaus als treffsicherer Werfer zur Verfügung stellen.