Foto: Amanda Schulenburg

Dass das betonlastige Stadtzentrum nicht sonderlich hübsch ist, muss sich das liebe Darmstadt oft anhören. Aber wer mit offenen Augen und ein klein bisschen Begeisterungsfähigkeit durch die Straßen spaziert, kann Sehenswertes an vielen Stellen finden. Welche künstlerischen, utopischen, spaßigen und historischen Arten es gibt, sich in unserer Stadt auf und ab zu bewegen, erfahrt Ihr: hier!

 

Wendel- und Rolltreppe an der Krone

Foto: Amanda Schulenburg

Unter den Treppen riecht es nach Rauch, heißen Pommes, kaltem Bier. Zwischen den Graustufen leuchtet nur das Dönerschild grell und verspricht: „Harmonie“. Hier werden Geschichten und Gedanken ausgetauscht, Hunger gestillt, Bekanntschaften geschlossen. Auf den Treppen: Die (eingebildete) mechanisch rauschende Gemütlichkeit der (wie immer nicht rollenden) Rolltreppe bringt uns vertraut in höhere Gefilde. Im Alltag mal ein bisschen (in Gedanken) schweben. Oben auf dem Kleinschmidtsteg angekommen: Der Blick vereint die ferne Ruhe des Herrngartens, lautes Verkehrstreiben und die entspannte Geschäftigkeit der Stadt. Schustergasse, jederzeit zugänglich

 

Landesmuseum

Foto: Amanda Schulenburg

Von zwei steinernen Löwen flankiert, mit seinen breiten Stufen ist dies einer der bekanntesten Aufgänge in Darmstadt. Besonders an bewölkten und verregneten Tagen herrscht auf den Treppen ein stetiger Flow an geschichtsinteressierten Einheimischen und Tourist:innen, die ihre Zeit im Universalmuseum verbummeln. Friedensplatz 1, jederzeit zugänglich

 

Rutsche im Dielmann

Foto: Jana Weiß

Zwischen Schuhen und noch mehr Schuhen ein wahres Innenstadt-Idyll und – mit dem Paternoster in der Galeria Kaufhof (siehe unten) – unsere Lieblingsstation dieses Rechercheausflugs. Eine Rutsche aus glattem, weichen Holz, die einen so schnell nach unten befördert, wie man wieder hinauf will. Hoch geht’s durch einen märchenhaften Holzturm, runter vorbei an blauem Himmel und Schäfchenwolken. Ludwigstraße 16-18, Mo bis Sa: 10 bis 19 Uhr

 

Weißer Turm

Foto: Amanda Schulenburg

Ein großer Schritt übers glasüberdachte Verließ im Untergrund, dann die rotbraunen Treppen des Weißen Turms hinauf: Verträumt-melancholische Klänge, schwarz-weiße Fotografien und eine Geschichte über verlorene, doch nicht vergessene Liebe begleiten uns den sich steil in die Höhe windenden Weg – bis hinauf zum tickenden Uhrwerk, dass schon immer luftiger Ankerpunkt der Stadt gewesen zu sein scheint. Während wir von der wechselhaften Geschichte des Treffpunkt-Turms hören, lernen wir, die Gegenwart zu schätzen: Heute schaffen die vielen Turmebenen Platz für Kunst und Reflexion. Ernst-Ludwig-Straße 1, Sonderbesichtigungen sind auch in der bis April andauernden Winterpause möglich (telefonisch vereinbar unter 0151 22635269). Aktuelle Ausstellung: „Ballade an den Regen: Ein fotografisches Essay“ von Gökhan Kayal

 

Galeria Kaufhof Rolltreppe

Foto: Amanda Schulenburg

Früher fuhren hier Kund:innen auf ihren Shoppingtouren rauf und runter. Heute liegt die kleine (nicht mehr rollende) Rolltreppe verlassen im Untergeschoss am hinteren Ende der Galeria Kaufhof (Richtung Luisencenter), umgeben von leeren Regalen und unbekleideten Schaufensterpuppen. Ein Überbleibsel aus vergangenen Zeiten, denn die Filiale ist seit Mitte Januar 2024 dauerhaft geschlossen. Erstaunlicherweise führt der Weg zum nach wie vor geöffneten asiatischen Supermarkt „go asia“ im Untergeschoss des ehemaligen Kaufhauses aber nach wie vor über diese Treppe (und ihr steinernes Pendant direkt daneben). Rheinstraße 2, UG

 

Graffiti-Treppe am Luisencenter

Foto: Amanda Schulenburg

Zwischen all den kastigen Nachkriegsbauten der Innenstadt, die an diesem Januardienstag besonders grau erscheinen, stolpern wir in der Wilhelminenstraße über die auffällig bunte, dennoch nicht wenig brutalistische Treppe an der westlichen Außenseite des Luisencenters. Diese featured Darmstadts liebste Sehenswürdigkeiten als knalliges Graffiti und macht Mut, dass auch die graueste Betonplatte vielleicht nur darauf wartet, gestalterisch mit Leben befüllt zu werden. Wilhelminenstraße, jederzeit zugänglich

 

Feuerwehrturm

Foto: Amanda Schulenburg

Zugegeben, nicht wirklich in der Innenstadt. Aber ein Auf- und Abgang, der zu einzigartig ist, um hier nicht vorgestellt zu werden: Ein Turm, der gar nicht zum Treppensteigen oder gar oben Ankommen gebaut wurde – sondern, um Feuerwehrschläuche nach dem Einsatz zum Trocknen aufzuhängen. Heute werden die Schläuche anders getrocknet und in den eckigen Betonturm sind metallene Treppen eingezogen. Oben kann ich meinen Blick durch die rechteckigen Öffnungen der Turmspitze über das grau-industrielle Winter-Darmstadt schweifen lassen. Ein (an diesem Tag) kalter Ort, der Abstand nehmen lässt. Kasinostraße 63, Führung nur auf Anfrage (per Mail an: oeffentlichkeitsarbeit.feuerwehr@darmstadt.de)

 

Treppe zum „Gleis 9 3/4“ am Darmstadtium

Foto: Jana Weiß

Und der nächste Zug fährt nach … Hogwarts! Eher unscheinbar neben (und vor) dem Darmstadtium, unweit der historischen Stadtmauer, führt ein Abgang in den Boden. Davor steht ein U-Bahn-Schild mit der Aufschrift: „U9 3/4 Richtung Hogwarts“. Genauso wie in den „Harry Potter“-Filmen am Bahnhof King’s Cross ist hier aber leider kein Durchgang für Muggel! Schlossgraben 1, jederzeit zugänglich

 

Vorm Staatstheater

Foto: Jana Weiß

Hier gibt’s gleich mehrere spannende Auf- und Abgänge. Von den begrünten breiten „Sitz-Stufen“ des Georg-Büchner-Platzes bis zur Treppe seitlich am Gebäude, die dem Brutalismus alle Ehre macht. Besonders die Abgänge unter den weißen Betontulpendächern, die in die Tiefgarage führen, erinnern uns stark an einen sogenannten Liminal Space – ein Ort, der eine seltsame, surreale, fast traumartige Atmosphäre kreiert. Georg-Büchner-Platz 1, jederzeit zugänglich

 

Paternoster in der Galeria Kaufhof

Foto: Nouki Ehlers, nouki.co

Hinter den Kulissen der Darmstädter Galeria-Kaufhof-Welt am Weißen Turm befindet sich ein Paternoster – ein geradezu antiker (im Jahr 1965 eingebauter) Aufzug, von dessen Art in Deutschland nur noch etwa 200 Stück in Betrieb sind. Genutzt wurde er exklusiv von Mitarbeitenden, die damit nostalgisch vom vierten Stock bis ins Untergeschoss fahren konnten. Bis zur Schließung des Kaufhauses Mitte Januar 2024. Mal sehen, ob der Paternoster in Zukunft, wenn das Gebäude neu und anders genutzt wird, vielleicht öffentlich zugänglich sein kann. Wir halten Euch auf dem Laufenden. Rheinstraße 2 (hinter den Kulissen)