Foto: Nouki Ehlers, nouki.co

Vor dem Beginn der Pandemie war es noch ein absolutes Spartenthema, bekannte Werbeclips oder Filmschnipsel in Odenwälder Mundart zu synchronisieren. Doch inzwischen verraten die deutlich in die Zehntausende gehenden Abos und Views bei Instagram und Youtube, dass es für Dietmar Diamants große Kunst ein ebenso großes Publikum gibt. Es hat kaum ein Jahr gedauert, bis der Knight Rainer, der Briebär oder Herbert de Äppler King Gesprächsthemen wurden und man sich in halb Hessen im Biergarten zuprostete mit: „Die leehft doch sonst ab, die Brie!“ Wir haben den mysteriösen Odenwald-Star mal auf seine (vermeintlichen) musikalischen Wurzeln hin abgeklopft …

 

Kermit der Frosch „Im Garten eines Kraken“

Eines der ersten Themen in Dietmars Videos waren die knuffigen Sesamstraßen-Bewohner Ernie und Bert. Aber, ach, worum ging es bei ihnen? Mal waren sie auf der Suche nach einem Biergarten, dann arbeitslos, schließlich unter dem Einfluss psychedelischer Pilze auf Gefahrensuche im Kino! Zum Kontrast dazu gibt’s erstmal einen friedlich-freudigen Beatles-Klassiker, gesungen von ihrem grünen Nachbarn.

[Dietmar grinst sich einen:] Das ist doch … ich dacht erst … nee, kenn‘ ich nicht.

Das ist Kermit der Frosch mit „Im Garten eines Kraken“, der Sesamstraßen-Version von „Octopus’s Garden“, einem Beatles-Oldie.

Ich dacht‘ auch erst an Ernie und Bert, aber die Stimme war anders.

Aber das ist ein gutes Stichwort: Bei „Deinen“ Ernie und Bert, wie ist da der soziale Hintergrund? Sie sind auf Bewährung draußen, Ernie ist arbeitslos, gewaltbereit und drogenabhängig, aber Bert versucht, in der bürgerlichen Gesellschaft Anschluss zu finden – kann man das so sagen?

Hmm … Bert ist derjenige, der ein bisschen „normaler“ ist und durch Ernie immer in irgendwelche schwierigen Situationen kommt. Ich hab mir gar nicht so die Rollen ausgedacht, es hat sich herauskristallisiert, dass Ernie so den Typen „asozialer Ehemann“ vertritt und Bert eher wie die brave Ehefrau auftritt, die versucht, die Wogen zu glätten.

Gab’s da eigentlich nie Beschwerden von Sesamstraßen-Fans, die ihre heile Welt bedroht sehen?

Komischerweise nicht. Die Einzige, die sich bisher beschwert hat, war eine Frau, die ein Hardcore-David-Hasselhoff-Fan ist, mit den Worten: „Der arme Michael, das hat er nicht verdient.“ Ganz allgemein bin ich gar nicht so der Riesenfan der Sesamstraße oder von „Knight Raider“, ich guck‘ eher danach, was sich gut synchronisieren lässt. So kam ich zum Beispiel auch auf den Bärenmarke-Bären … der bewegt sich schon so assi durch die Welt, den musste ich einfach neu vertonen.

 

Rodgau Monotones „Die sieben starken Männer von außerhalb“

Bevor die bärtigen Rodgauer zum hessischen Kulturgut hochgestuft wurden, bewegten sie sich wie selbstverständlich in der straßenkampferprobten Sponti-Szene des Rhein-Main-Gebiets, wie dieser Song von ihrem zweiten Album beweist.

Ich gehe davon aus, dass das die Rodgau Monotones sind. Mein Vater hatte eine Platte von denen, mit so einem Eishockeyspieler vorne drauf.

Das ist die „Volle Lotte“, ihr absoluter Klassiker, mit „Erbarme, die Hesse komme“, dem Song, der ja auch mal als hessische „Nationalhymne“ im Gespräch war. Aber dass die Rodgaus immer schon eine Sponti-Band waren, ist in den letzten Jahren ziemlich in Vergessenheit geraten. Käme man mit solchen Texten, die Demo-Gewalt ziemlich locker-flockig thematisieren, heute noch durch?

Ich weiß gar nicht, ob das mit der Hymne so geplant war. „Die Hesse komme“ ist ja eher ’ne Warnung an die anderen Bundesländer vor den Hessen. Aber grundsätzlich: Vielleicht kann man sich heute sogar vieles eher erlauben. Wenn man beispielsweise dran denkt, was früher alles indiziert wurde … Die Ärzte zum Beispiel, das ist im Vergleich zu heutigen Deutschrap-Songs ja richtig süß. Oder Computerspiele … „Resident Evil“! Das ist heute das Normalste von der Welt, Zombies abknallen …

 

Flatsch! „Rausschmeiße“

Die „andere“ Hessencombo um den späteren Badesalzler Gerd Knebel präsentieren uns die B-Seite ihres Hits „Austrinke“ – während auf der A-Seite die Kneipengäste nach Sperrstunde weitertrinken wollen, hat hier der Wirt das Wort.

[Dietmar achtet auf die eher hölzernen HipHop-Beats] Das ist auf jeden Fall auch schon guuuhd alt … Ich mein‘, ich hätt‘ Gerd Knebel rausgehört, kurz. Auch cool sind die gesampleten Bieröffnungsgeräusche. Ich glaub‘ fast, man hat sich mit so was früher mehr Mühe gegeben als heute.

Vielleicht, weil das Sampeln damals, 1988, noch so neu war.

Vielleicht, ja. Nun, wenn’s net die Rodgaus sind, dann sind’s Flatsch! Aber 1988, das war wohl eher vor meiner Zeit …

 

Bläck Föös „Huusmeister Kaczmarek“

In den 80ern dachte man nicht nur in Hessen, dass Rap, Funk und Mundart eine coole Kombination sein könnten, sondern auch in Köln …

Ich versteh‘ ja kein Wort … Ist das Friesisch oder was? Das ist wie bei … wie heißen die? … BAP! Da versteh‘ ich auch kein Wort.

Äh, das ist Kölsch.

Ah, okay! Ich hab‘ da so ein Bild vor Augen, einen Mann mit Schnorres.

Tommy Engel?

Nein, den Typen von den Höhnern …

Das hier sind die Bläck Föös. Und ich muss sagen: Im direkten Vergleich deutlich besser gerappt als Flatsch!

Da sieht man mal, dass Dietmar Diamant außer Hessisch nix kann! Mich haben auch schon Leute angeschrieben und angefragt, ob ich mal einen Hamburger Dialekt brauch‘ … brauch‘ ich aber net. Es war zwar nie so der Plan, „Odenwald represent“ zu machen, aber das mit dem Odenwälder Dialekt ist einfach das, was ich gut kann. Das war auch schon Thema bei verschiedenen Radiointerviews … HR, FFH, Planet Radio und so weiter.

Was fragen die Dich da so?

Ja, zum Beispiel: Was sind Deine drei Lieblingswörter auf Odenwälderisch? „Geehle Riewe“…!

Da sind ja schon zwei weg.

Ja, stimmt, ha ha!

 

Eminem „Without Me“

Dietmar hat die Lebensgeschichte des HipHop-Stars Eminem in einer seiner Youtube-Serien von Detroit in den Odenwald verlegt, inklusive der Titeländerung von „8 Mile“ zu „8 Promille“ … Mal sehen, ob er den 2003er-Megahit seines Idols erkennt!

[Nach zwei Sekunden] Eminem! Klar! Ich wollt‘ „The Real Slim Shady“ mal auf Hessisch machen, aber das wurde bei Youtube leider gelöscht. Der Song hier heißt „Without Me“, oder?

Genau.

Yeah … ich wusst‘ mal was!

Mir ist aufgefallen, dass die einzige Musik, die bei den Dietmar-Diamant-Videos im Fokus steht, HipHop ist. Ist das Zufall oder ist das Dein Lieblingsgenre?

Ich hör‘ schon relativ viel HipHop, aber der Hauptgrund ist, dass es so einfach ist! Man muss nicht kompliziert Instrumente einspielen, sondern braucht nur einen Beat zum Unterlegen. Außerdem kann man beim Battlerap gut zeigen, was man alles so kann, im Sinne von: Möglichst viele kreative hessische Beleidigungen absondern!

Ja, und man muss sagen, Deine Raps sind schon ziemlich komplex!

Ich versuch da immer, ein bisschen zu flexen. Ich hab auch genau EINEN Song auf Spotify. Das hat von der ersten Idee bis zum Hochladen knapp zwei Stunden gedauert. Und jetzt hat er schon 50.000 Aufrufe. Ich wollt‘ auch „Weil ich aus’m Kaff bin“ mal hochladen, aber das geht nicht, weil der Beat geklaut ist …

 

Dirty Dabbes „Finger da weg“

Das aus dem bereits erwähnten Gerd Knebel und dem Rapper Mädness bestehende Duo greift in seinem (bisher) größten Hit die „Odenwaldhölle“-Kontroverse auf, die 2014 von der Autorin Antonia Baum mit einer wilden Ortsbeschimpfung in der FASZ losgetreten wurde.

„Finger weg von meinem schönen Odenwald“ … das Stück kenn‘ ich und zwar schon ganz lang. Auch die Sänger kenn‘ ich. Das ist auch eine ganz witzige Collabo zwischen den beiden.

Wer von beiden hat denn eigentlich Odenwald-Bezug?

Soweit ich weiß, keiner … Obwohl, bei Mädness, der stammt von irgendwo vor Babenhausen, das ist ja net weit weg vom Odenwald [laut unserer letzten Hörspiel-Recherche mit dem Gude himself ist es Eppertshausen].

Dazu hab‘ ich natürlich noch zwei Fragen. Erstens: Ist der Odenwald denn jetzt die Hölle oder nicht?

Die Hölle ist er auf keinen Fall, aber ich konnt‘ schon „minimal verstehen“, was die Autorin damals meinte: Man kann sich nur treffen und saufen, aber in die Disco zu gehen oder Ähnliches, das geht halt wegen der Verkehrsanbindungen net … wenn man net eine Über-Nacht-Expedition draus machen will. Aber ich muss sagen: Je älter ich werd‘, desto mehr Bock hab ich auf den Odenwald … Ist doch schön, wenn man seine Ruhe hat auf dem Land, ha ha …!

Zweite Frage: Siehst Du Dich als Odenwald-Botschafter?

Ich würd‘ mich nicht als Botschafter bezeichnen, das war auch nie der Plan. Mein Alleinstellungsmerkmal ist halt der Dialekt, auf Hochdeutsch ist ja langweilig. Und Alkohol als Thema bietet sich auch an. Ich hab‘ übrigens immer damit gerechnet, dass ich dafür Contra kriegen würde, im Sinne von: „Wie kannst Du das verherrlichen?“ Aber Beschwerden gab’s bisher noch keine.

Ist ja interessant, dass man Dir das durchgehen lässt …

Ja! Ich bekomm‘ viele Nachrichten, dass die Stammtischgruppen begeistert die Didi-Videos teilen. Meine Grußbotschaften liefen auch schon bei Hochzeiten im Standesamt. Aber von wegen „Mein Vadder ist Alkoholiker, was soll das?“, so was kam noch nie.

 

Bormuth „Jesus“

Die Darmstädter Synthie-Pop-Aktivisten mit einer Acid-Jesus-Coverversion, die eher unbekannte Infos über den Gerechten ans Tageslicht fördert. Online und auf CD zu hören auf dem ersten P-Sampler.

[Dietmar schmeißt sich weg] Was hatte er? Immer eine Schere dabei? Ich find’s ganz komisch, dass er eine Schere dabei hatte. Alles andere stimmt ja. Erinnert mich ein bisschen an … Haifisch … äh … HGich.T.

Mich hat es ein bisschen an Dein gesungenes Intro für die „Gutselbärn“ erinnert.

Ja, die Dopplung der Stimmen ist ähnlich. Das ist was, das kenne ich absolut gar net … Aber das mit der Schere, das bleibt hängen.

 

Tankard „Alcohol“

Thrashige Frankfurter Metalband, hier mit einer Gang-Green-Coverversion, von ihrem „Chemical Invasion“-Album von 1987.

Hmm … klingt nach einer Mischung aus Thrash Metal und Hardcore Punk …

Da bist Du auf einem guten Weg.

Hat der grad was mit Diamond gesungen?

Nee, da hast Du Dich verhört, vermutlich aus Nachnamensgründen. Ein kleiner Tipp: Sie sind aus Frankfurt.

Ah, ja, Dings, hier … warte, ich komm‘ noch drauf! Ein Kumpel von mir hatte ein Poster von denen im Zimmer hängen, die haben auch so einen Stadionsong … Sag‘ mir den Anfangsbuchstaben!

T.

Ah … Tankard! Die Band kenn‘ ich auch echt nur grob, von Erzählungen und von dem besagten Poster. Da saß ein dicker Mann auf einem Thron … wahrscheinlich zu „Kings Of Beer“ …

Interessant finde ich ja, dass sich die Band so auf Bier und seine Vernichtung eingeschossen hat, das ist ja eher untypisch für Thrash Metal.

Stimmt! Normalerweise sind da die Themen immer nur Tod und Verderben. Bei denen ist’s Alkohol. Ist doch sympathisch, ha ha!

Hast Du eine abschließende Botschaft an die P-Leser:innen?

Hmm … bezogen auf meine „Rateleistung“ vielleicht die hier: „Noch nie hat jemand so wenig gekannt … wie Dietmar Diamant!“

Das reimt sich sogar! Ich fand‘ es jetzt gar nicht soooo schlecht. Wir hatten hier schon Bands, die die Beatles nicht erkannt haben … Hat Spaß gemacht, Diddi, wir behalten nach wie vor gern Deine digitalen Kanäle im Auge!

 

Dietmar Diamant weltweit

Hochprozendische Hessisch Nachvertonung – von Peter Lustig und Jogi Löw über Forrest Gump, Rotkäppsche, „Moaster Peder un soin Uffmuckl“ bis Eminem und Alf – gibt’s online:

instagram.com/dietmardiamant

facebook.com/dietmardiamant