Berlin, Hamburg, London – alles kein Problem. Erst Darmstadt brachte mich an meine Grenzen. Wer wie ich das große Los gezogen hat und an einer der Darmstädter Hochschulen studieren darf, kann, will, soll oder muss, dem wird sicher schnell das eine oder andere Fragezeichen über dem Kopf schweben. Seit mehr als vier Jahren weile ich nun schon in dieser Stadt und da mir niemand auf meine Fragen Antwort geben konnte oder wollte, habe ich mir mein eigenes Darmstadt zusammengereimt. Natürlich möchte ich allen Exilanten, Zugezogenen und Studi-Frischlingen mein angeeignetes Wissen nicht vorenthalten. Aber auch echte Heiner dürfen sich angesprochen fühlen, wissen doch auch sie nicht alles über die Stadt, in der sie leben. Leider müssen sich all jene ihre brandheißen und knallhart recherchierten Darmstadt-Infos zukünftig woanders besorgen. Denn diesen Monat sage ich: „Guuuuude“.
Der Tag musste ja kommen und er hat auch ziemlich lange – genauer: eine gefühlte Ewigkeit – auf sich warten lassen: Ich werde Boring City mit einem Abschluss in der Tasche Auf-Nimmer-Wiedersehen sagen. Obwohl, ganz so sicher bin ich mir da nicht. Es kann passieren, dass man mich doch noch das eine oder andere Mal in der Stadt am Darmbach zu Gesicht bekommt, habe ich doch hier einige Bekanntschaften und Freundschaften geschlossen, viele tolle und vor allem ambitionierte Menschen kennengelernt, aber auch genauso viele Miesepeter, Humormuffel und Knusperköpfe. Nicht zuletzt nennen meine Schwiegereltern in spe dieses Fleckchen Erde ihr Zuhause – ich werde also wohl oder übel nicht drumherum kommen, mich auch zukünftig im Hauptbahnhof mit hundert Anderen die Minitreppe hochzuschieben.
All denjenigen, die sich allmonatlich auf ihren patriotischen Schlips getreten gefühlt haben, sei an dieser Stelle gesagt: Oooooooooooooooooooooooh!! Aber die Gräuel haben für ebendiese ja nun auch ein Ende – und es muss sich erst einmal jemand anderes bereit erklären, das „Darmstadt-bashing“ (wie es liebevoll genannt wurde) weiterzuführen. Bewerbungen bitte an: redaktion@p-verlag.de. Was, am Rande erwähnt, vielleicht doch nicht schwer sein dürfte, habe ich doch auch jeden Monat wieder lustige, begeisterte und vor allem zustimmende Rückmeldungen auf diese Rubrik bekommen – was mich in meiner subjektiven Anschauung natürlich bestärkt und zu dem einen oder anderen Lacher bei einem Bier im Schlosskeller oder in der „Krone“ geführt hat. Amüsant waren aber auch einige der entrüsteten Nachrichten, die mich erreicht haben – und es drängte sich doch immer wieder die Frage auf: „Haben die denn gar keinen Humor, diese Heiner?“
Scheinbar abgekapselt von der Außenwelt und umgeben vom idyllischen Odenwald wurde diese Spezies der Heiner wohl in Watte gepackt und musste sich solchen „Anfeindungen“, besser gesagt: ehrlichen Worten, noch nicht aussetzen. Als Frankfurter Ossi bin ich hingegen schon gänzlich abgestumpft, was so was betrifft, und das ist wohl auch der Grund, wieso Euphemismen in meinem Sprachgebrauch keinerlei Bedeutung mehr haben. Aber bevor ich jetzt wieder anfange, die Keule zu schwingen, möchte ich mich mal bei all jenen bedanken, die trotz meiner doch sehr „netten“ Art, über ihre Stadt zu reden/schreiben, immer ein offenes Ohr, eine offene Tür und ein offenes Herzchen für mich hatten. Dank dieser Leute werde ich wohl irgendwann mal in irgendeiner trendy Großstadt mit Flussanbindung, Flughafen und Feiermeile in einem Ohrensessel sitzen, mit Fred Hill auf dem Plattenteller und meinen Enkelkinder von meiner Studienzeit in der langweiligsten Stadt der Welt erzählen. Und sicherlich werde ich dabei etwas wehmütig an diese Zeit zurückdenken. … Genug Geschnulze – so Abschiede sind immer doof. Und Abschiedsreden erst recht.
In diesem Sinne, immer schön uffbasse und locker bleibe. Guuude!
P.S.: Ich hab seit Wochen einen „ALLEZ LES BLEUS“-Ohrwurm … den nehm ich dann wohl mit nach drüben.