Die 2. Bundesliga läutet allmählich den Saisonendspurt ein. Weiterhin in der Spitzengruppe dabei sind die Lilien aus Darmstadt. Schon im März hatten sie so viele Punkte gesammelt wie zuletzt häufig erst am Saisonende. Und auch „die Zwote“ liegt in der Kreisliga D Darmstadt weit vorne. Die Fanmannschaft will in ihrer ersten regulären Spielzeit weiter Druck auf die Tabellenspitze ausüben.
Verkehrte Welt am Böllenfalltor. Der Herbst war in den letzten Jahren normalerweise eine überaus triste Angelegenheit. In der Regel hechelten die 98er dem Großteil der Liga ordentlich hinterher, nur um im Frühjahr vehement zur Aufholjagd zu blasen. Starke Rückrunden führten dann wahlweise zum Klassenerhalt oder zu einer Platzierung direkt hinter der Spitzengruppe. Ganz anders in dieser Saison. Coach Torsten Lieberknecht stand mit seinen Jungs zur Saisonhalbzeit überraschend auf Rang 2. Was, wenn die Lilien nun auch noch ihre gewohnt starke Frühjahrsform zeigen sollten? Dann wäre der Aufstieg wohl gewiss. Schließlich landeten die Blau-Weißen in den Rückrundentabellen der vergangenen vier Jahre auf den Plätzen 3, 2, 5 und 4. Gepaart mit der starken Hinrunde wäre der Aufstieg nur noch Formsache.
Was ist da los?
Der Start in die Rückrunde kühlte die Euphorie bei einigen Lilienfans dann jedoch etwas herunter. Insbesondere die Februar-Resultate ließen einige ernüchtert zurück. Da war die 0:5-Heimpleite gegen den HSV, gefolgt von zwei Unentschieden gegen Hannover und Rostock sowie der etwas glückliche Last-Second-Sieg in Dresden. Was war da nur los, fragte so manch einer damals in den Foren und sozialen Medien? Nun, streng genommen nicht viel. Die 98er standen tabellarisch weiterhin glänzend da und setzten mit dem 3:2-Erfolg nach 0:2-Rückstand gegen Heidenheim ein sehr starkes Zeichen. Der erste Heimsieg nach über drei Monaten hätte eindrucksvoller nicht ausfallen können. Erinnerungen wurden wach an die Saison 2017/18, als die Lilien in Unterzahl ein 1:1 gegen just diese Heidenheimer ergatterten und ab da die erfolgreiche Mission Klassenerhalt starteten. Im Jubel über den Comeback-Erfolg von Anfang März fiel es nicht mehr ins Gewicht, dass der zwischenzeitliche Hurra-Fußball verloren gegangen war, dass die Tore nicht mehr so einfach fallen wollten, dass die Goalgetter Phillip Tietz und Luca Pfeiffer über drei Monate hinweg ohne Torerfolg geblieben waren, dass das Bölle kein Dreiergarant mehr war.
Alles kann, nichts muss, darf aber
Dennoch zeigt diese Aufzählung, dass sich die Zweitligateams zu Beginn der Rückrunde besser auf die Stärken der Darmstädter eingestellt hatten. Zudem konnte die SVD-Defensive Gegentreffer nicht mehr so souverän vermeiden wie noch in der Hinrunde. Wer im Februar jedoch die Felle davonschwimmen sah, der musste nur mal genauer hinschauen. Davor und danach punktete das Team zuverlässig. Obwohl Tietz und Pfeiffer in dieser Phase nicht trafen, holte der SVD 15 Punkte aus acht Partien. Andere Spieler sprangen in die Bresche. Sieben von ihnen trugen sich anstelle des Sturmduos in die Torschützenliste ein. Aaron Seydel zeigte seine Qualitäten als Stürmer Nummer 3. Die Breite des Kaders war ein Pluspunkt. Die Lilien, sie mochten ihre Gegner nicht mehr überrollen wie im Herbst – was auch das unglückliche 1:1 gegen Sandhausen unter Flutlicht am Bölle zeigte –, aber sie blieben weiter dran. Nach Bremen und Schalke suchen sie immer noch die meisten Abschlüsse aller Teams und sind die treffsicherste Mannschaft der Liga. Sie nehmen immer wieder gerne das Heft des Handelns in die Hand. Insofern gibt es vor Beginn der heißen Saisonphase Grund zur Hoffnung. Die anstehenden Partien gegen die anderen Topteams der Liga werden zeigen, wohin die Reise geht. Alles kann, nichts muss, darf aber. So ließe sich das Motto trefflich beschreiben. Coach Lieberknecht befeuert dieses Gefühl. Er will mit seinem Team so lange wie möglich mitmischen – und dann schauen wir mal, was am Ende rauskommt.
Auch die Zwote mischt vorne mit
Ähnlich lässt sich auch die Situation bei „der Zwoten“ betrachten. Die aus Fans der Lilien zusammengesetzte Mannschaft nimmt seit Sommer 2020 am Spielbetrieb teil. Ihre Heimat ist die Kreisliga D. Die erste Spielzeit konnte coronabedingt nicht zu Ende geführt werden. Nur sieben Spiele, darunter fünf Siege, waren dem neu formierten Team vergönnt, dann war schon wieder Schluss. Keine einfache Situation für eine Mannschaft, die sich gleich beweisen wollte. Und so hieß es eben ein Jahr später von Neuem angreifen. Wieder startete die Zwote gut in die Saison und hat sich konstant unter den stärksten drei Teams der 17er-Liga festgesetzt. Sie stellt die beste Defensive der Liga und auch die Offensive lässt sich alles andere als lumpen. Es ist nur eine Frage der Zeit, wann sie Tor Nummer 100 erzielt. Und dennoch ist das Spitzenteam, der TSV Braunshardt, schon etwas enteilt.
Support your local team(s)!
Spätestens im nächsten Jahr würde das Team, das im Winter nach einem Sichtungstraining acht weitere Lilienfans in ihren Kader aufgenommen hat, gerne aufsteigen. Gar nicht so einfach in einer Liga, in der drei, vier weitere Mannschaften ordentlich kicken können und die ebenfalls aufsteigen wollen. Vermutlich wird auch der Zweitplatzierte in einer Relegation die Chance dazu erhalten. Und hier liegt das Fanteam nach wie vor gut im Rennen, wenngleich es Anfang März im Spitzenspiel beim Tabellendritten FC Frontal Darmstadt durch einen Ausgleichstreffer in der Schlussminute einen wichtigen Dreier liegen ließ. Wer Lust hat, die Jungs bei ihren Heimspielen in Pfungstadt und den Auswärtspartien in und um Darmstadt anzufeuern, der checkt kurz die Termine auf ihrer Facebook-Seite oder folgt dem Fufa-Account auf Twitter. Die verschworene Truppe macht Spaß, weiß eine engagierte, treue Orga-Crew hinter sich – und freut sich genauso wie die Profis über zahlreiche Unterstützung. Also: Support your local team(s)!
Wer solche Spiele gewinnt, …
Sa, 02.04., 13.30 Uhr: SV Darmstadt 98 – Holstein Kiel
Sa, 09.04., 20.30 Uhr: 1. FC Nürnberg – SV Darmstadt 98
So, 17.04., 13.30 Uhr: SV Darmstadt 98 – FC Schalke 04
Sa, 23.04., 20.30 Uhr: FC St. Pauli – SV Darmstadt 98
Sa, 30.04., 20.30 Uhr: SV Darmstadt 98 – Erzgebirge Aue
Alle Spieltermine der „Zwoten“: facebook.com/sv98II
Matthias und der Kickschuh
Seit Ende 2011 schreibt Kickschuh-Blogger Matthias „Matze“ Kneifl über seine große Leidenschaft: den Fußball. Gerne greift er dabei besonders abseitige Geschichten auf. Kein Wunder also, dass der studierte Historiker und Redakteur zu Drittligazeiten begann, über die Lilien zu recherchieren und zu schreiben. Ein Resultat: das Taschenbuch „111 Gründe, den SV Darmstadt 98 zu lieben“, das (auch in einer erweiterten Neuauflage 2019) im Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag erschienen ist. Seit Juli 2016 begleitet Matthias gemeinsam mit vier Mitstreitern die Lilien im Podcast „Hoch & Weit“. Genau der richtige Mann also für unsere „Unter Pappeln“-Rubrik!
