Foto: Nouki Ehlers, nouki.co

Das Leben kann sich von einem Moment auf den anderen verändern. Das weiß Jutta Mittelsdorf aus eigener Erfahrung. Sie war lange krank und hat dabei gelernt, sich auf das Schöne zu fokussieren. „Man hat nicht immer Einfluss auf das, was geschieht. Daher versuche ich, jeden Moment zu genießen.“

Schöne Momente gibt es in Juttas Leben reichlich. Die 53-Jährige macht sie sich schön. „Ich mag es zum Beispiel, in der Gastronomie zu arbeiten: die kurzen Gespräche mit Gästen über dies und das, die Atmosphäre im Café, meinen Arbeitsort, im Martinsviertel.“ In ihrem Lieblingsviertel ist Jutta nicht nur beruflich tätig – von Beginn an gehört sie zum Team des „Schuknecht“ am Schlossgartenplatz – sie lebt auch hier. In den letzten 30 Jahren ist sie mehrmals innerhalb des Martinsviertels umgezogen und hat aktuell in der für sie „schönsten Straße der Stadt“, der Gardistenstraße, ihren Rückzugsort gefunden. Hier wohnt sie mit ihrem Mann Claus und dem alten Kater Tobi. Ihre 22-jährige Tochter Lily ist schon aus dem Haus, wie Jutta erzählt. „Die Gardistenstraße ist perfekt: Gegenüber haben wir eine Pizzeria, links das Petri und das Los Santos, auf der anderen Seite das Schwarz-Weiß-Café und nicht weit weg der schön trubelige Riegerplatz. Und ich bin mittendrin.“ Wenn Zeit ist, sitzt Jutta gerne draußen auf den Bänken vorm Haus, unterhält sich mit Nachbarn und nutzt die Straße als Treffpunkt und zweiten Vorgarten. „Auch mein Weg zur Arbeit ist nur ein Katzensprung – das ist perfekt.“

Zur Gastronomie kam Jutta über Umwege, ursprünglich gelernt hat sie den Beruf der Buchbinderin. „Das Handwerk habe ich damals in der Landes- und Hochschulbibliothek im Schloss erlernt, danach war ich in verschiedenen Handbuchbindereien tätig.“ Dass sie nie ins Büro wollte, sei für sie immer klar gewesen. „Ich bin nicht dafür geboren, nur rumzusitzen“, erklärt sie und lacht. Davon überzeugen konnte sie sich, als sie nach ihrer Erkrankung einen kurzen Abstecher in die Bürowelt machte. „Es war nichts für mich.“ So entdeckte sie die Gastroszene für sich und ist geblieben. „Die oft kritisierten Arbeitszeiten an Feiertagen oder am Wochenende stören mich nicht. Dafür habe ich auch mal unter der Woche frei.“ Den Ausgleich zum trubeligen Alltag findet Jutta in der Natur – mit ihrem Mann hat sie bereits den ganzen Odenwald durchwandert. „Als überzeugte Darmstädterin nutze ich aber auch meine Stadt. Darmstadt hat zum Beispiel eine gute Musikszene, es gibt für jeden Geschmack etwas.“ Sie selbst steht auf „Post Punk und Indie-Sachen“ und geht viel auf Konzerte. Um Darmstadt zu lieben, müsse man vielleicht mehr selbst aktiv sein und auf die Suche gehen als anderswo, vermutet Jutta, die sich selbst als „Darmstadt-Fan“ bezeichnet. „Wenn man die Stadt aber erst mal entdeckt hat, weiß man sie sehr zu schätzen.“