Sport, der in Darmstadt betrieben wird und – Trommelwirbel – nicht Fußball ist? Vor lauter Lilienfieber ein bisschen in den Hintergrund geraten, aber: Jawohl, das gibt’s. Hier stellen wir sie vor, die Sportarten, die (noch) nicht von einem großen Publikum bejubelt werden. Zum Beispiel, weil sie bislang kaum jemand kennt. Oder weil sie eben einfach zu speziell sind, um die Massen zu begeistern. Oder vielleicht, weil wir dafür dann doch zu bequem sind? In dieser Ausgabe: Outdoor-Training Darmstadt.
Drei Stunden, bevor ich auf dem Bolzplatz in der Orangerie stehen soll, regnet es in Strömen. Oder ist das sogar Schneeregen? Auf jeden Fall ist es kalt und ungemütlich draußen und insgeheim denke ich schon darüber nach, mit welcher Ausrede ich meine Probe- und Recherchestunde auf den fortgeschrittenen Frühling verschieben kann. Doch jetzt habe ich meine übliche morgendliche Sportroutine schon ausfallen lassen, und eigentlich geht es ja genau darum: Training an der frischen Luft – bei jedem Wetter. „Ja, auch bei Regen“, hat mir Lea Emmel im Vorhinein bestätigt. Also rein in die Sportschuhe und ab nach draußen.
Lea ist die Initiatorin von Outdoor-Training Darmstadt. Nachdem sie bereits am Bodensee für einen dort ansässigen Anbieter Fitnesskurse im Freien betreut hatte, brachte sie das Konzept kurz vor Ausbruch einer gewissen Pandemie mit nach Darmstadt. Und obwohl eben jene kurzzeitig für eine Zwangspause sorgte, wird Leas Angebot mittlerweile wieder zahlreich angenommen: Zwischen fünf und zehn Sportsfreund:innen sind es meist, die hier zusammenkommen. Und ich frage mich schon während meines kurzen, strammen Marschs durch die Bessunger Dämmerung, warum ich bisher eigentlich nie dabei war: Keine fünf Minuten von meiner Haustür wird hier zweimal die Woche – montags und donnerstags – zur besten Feierabendzeit in der Gruppe trainiert.
Rein in die Sportschuhe und ab nach draußen
Dabei ist es nicht wichtig, wie fit man ist: Da das Workout als Zirkeltraining angelegt ist, kann jede:r die einzelnen Übungen dem individuellen Fitnesslevel anpassen. Lea leitet die Übungen an, gibt Hilfestellung und korrigiert, wenn die Haltung mal nicht stimmt. Die Gruppe hat trotzdem eine sehr motivierende Wirkung, wie ich schon nach wenigen Minuten und einer kurzen Vorstellungsrunde merke: Alleine hätte ich bei Nieselregen und einstelligen Temperaturen gerade wenig Lust, zum Aufwärmen um die Orangerie zu traben. Mit den anderen zusammen fühlt sich das schon besser an.
Und so geht es dann auch weiter. Nachdem Lea die neun verschiedenen Stationen des Zirkeltrainings erklärt hat, starten meine fünf Mitstreiter:innen und ich mehr oder weniger routiniert in je zwei Sets à 35 Sekunden. Dazwischen gibt es eine kurze Pause, danach wird die Station gewechselt. Manche der Stationen sind Beweglichkeits- und Kraftübungen ohne Geräte, etwa Lunges (Ausfallschritte) oder Squats (Kniebeugen) mit ein paar extrafiesen Twists – für andere hat Lea unkomplizierte Utensilien wie TRX-Schlingentrainer oder einen Sandsack mitgebracht. Für Übungen auf dem Boden liegen selbstverständlich Matten bereit.
An den zwei Enden eines schweren Taus, das sie um den Pfosten eines der Fußballtore gelegt hat, staune ich nicht schlecht über die Kraft, die man in „Alternating Arm Waves am Rope“ stecken muss – woraufhin Lea mich ermuntert, mehr in die Knie zu gehen und die Kraft gleichzeitig mehr aus den Armen zu holen. Auch bei den ersten „Kettlebell Swings“ meines Lebens korrigiert sie meine Haltung auf eine unaufdringliche und treffsichere Art, sodass sich die zweite Runde gleich viel besser anfühlt.
Betreutes Zirkeltraining in der Gruppe
Genau diese Betreuung, ohne dass man gleich in ein Personal Training investieren müsste, macht das Outdoor-Training mit Lea aus. Natürlich könnte ich den Großteil der Übungen auch alleine absolvieren – nicht zuletzt auf einem der vielen Outdoor-Gyms, die wir Euch letzten September (P-Ausgabe #146) vorgestellt haben. Doch zum einen motiviert die feste Verabredung ungemein. Und zum anderen weiß ich aus Erfahrung, dass falsch ausgeführte Übungen mehr Schaden als Nutzen bringen können.
Den Fokus ihres Trainings legt Lea auf funktionelle Übungen. „Wir vereinen hier Kraft, Beweglichkeit, Koordination und Ausdauer“, erklärt die sympathische junge Frau. Sie hat an der pädagogischen Hochschule Weingarten Bewegung und Ernährung studiert, ist B-Trainerin für Group Fitness und ausgebildete Yogalehrerin. Schon als Trainerin im Hochschulsport sammelte sie erste Erfahrungen im Anleiten und Motivieren von Gruppen, mittlerweile schätzt sie vor allem das Schwitzen an der frischen Luft. „Mich macht es stolz, einen Raum zu schaffen, wo jeder für sich und doch gemeinsam seinen Körper fordern und fördern kann“, sagt sie. Bei ihrem Training, das derzeit immer montags und donnerstags von 19 bis 20 Uhr in der Orangerie stattfindet, ist jede:r willkommen – am besten mit Anmeldung via Website vorab.
Zertifizierte Präventionsmaßnahme an der frischen Luft
Nachdem ich in den vergangenen Wochen immer wieder die verschiedenen Angebote der Fitnessstudios in unserer schönen Stadt verglichen hatte und mich nichts wirklich überzeugen konnte, finde ich Leas Angebot wie maßgeschneidert für alle, die keine Lust auf Vertragslaufzeiten und Fitti-Luft haben. Restlos überzeugt hat mich, dass das Outdoor-Training mit Lea als Präventionskurs zertifiziert ist und deshalb von den gesetzlichen Krankenkassen bezuschusst beziehungsweise zu einem großen Teil übernommen werden kann. Auch davon abgesehen sind die Preise für die Fünfer- und Zehnerkarten angemessen; wer sich im Studium oder der Ausbildung befindet, kann für Ermäßigungen auf Lea zukommen.
Lust mitzumachen?
Das Outdoor-Training Darmstadt läuft auf dem Bolzplatz auf der oberen Orangerie-Wiese, immer Mo + Do von 19 bis 20 Uhr. Eine 5er-Karte kostet 55 €, eine 10er-Karte gibt es für 99 €.
Alle weiteren Informationen, Termine und Buchungsmöglichkeiten online: outdoortrainingdarmstadt.de