Foto: Jan Ehlers
Foto: Jan Ehlers

Während des Interviews für diesen Artikel sitzt Tesi entspannt in seinem „Wohnzimmer“, dem afrikanischen Restaurant Bedouin am Schlossgartenplatz. Er erzählt von der familiären Atmosphäre in Darmstadt und davon, wie gerne er jeden Tag zur Arbeit geht. Jeden Gast, der herein kommt, scheint er beim Namen zu kennen. Alle werden persönlich begrüßt, und das jeweilige Lieblingsgetränk ist schon unterwegs.

Im Alter von sieben Jahren zieht Tesi mit seinen Eltern nach Darmstadt, da in seiner Heimat Eritrea Krieg herrscht. Obwohl er zunächst kein Wort Deutsch spricht, fühlt er sich schnell gut integriert. Seiner Grundschullehrerin auf der Elly-Heuss-Knapp-Schule im Woogsviertel ist er bis heute dankbar. Sie engagiert sich sehr, kümmert sich auch außerhalb der Schule und erleichtert es ihm dadurch, schnell in Darmstadt anzukommen. Nach der Mittleren Reife auf der Carl-Ulrich-Schule in Arheilgen entscheidet sich Tesi für eine kaufmännische Ausbildung. Diese schließt er auch erfolgreich ab, entscheidet sich jedoch, nie in diesem Beruf zu arbeiten. Seinen Zivildienst absolviert er beim Rettungsdienst des Deutschen Roten Kreuzes. Die Arbeit gefällt ihm so gut, dass er beschließt, danach weiter als Rettungssanitäter zu arbeiten – was er fünf Jahre lang tut.

Mit seinen Kollegen vom Roten Kreuz besucht er eines Abends das Restaurant „Im Herzen Afrikas“ in Frankfurt. Ausgelöst durch eine aus dem Moment geborenen Idee – er und seine Kollegen empfinden sie zunächst als „Schnapsidee“ –, beschließt Tesi, etwas Ähnliches in Darmstadt aufzuziehen. Zu diesem Zeitpunkt gibt es in Darmstadt noch kein afrikanisches Restaurant. Tesi will die Chance nutzen, ein Gastronomie-Konzept nach seinen Vorstellungen zu entwickeln und umzusetzen. Von seinen Kollegen anfangs belächelt, zieht er seinen Plan konsequent durch und eröffnet im Jahr 2005 das Bedouin. Dort kocht er bis heute selbst und bietet neben einer kleinen festen Speisekarte täglich wechselnde, saisonal unterschiedliche Tagesgerichte an. Alles nach afrikanischer Küche und teilweise „eriträisch angehaucht“.

Tesi liebt die „offene, lockere Atmosphäre“ in Darmstadt und fühlt sich speziell im Martinsviertel pudelwohl. Dort ist er aufgewachsen und wohnt – nach knapp achtjähriger Abwesenheit in Bessungen – inzwischen auch wieder. Bis zur B-Jugend hat er bei den „Lilien“ Fußball gespielt, bevor dann andere Interessen in den Vordergrund rückten. Heute kickt der 36-Jährige noch jeden Dienstag mit Freunden und lernt gerade Saxofon spielen.

Die Wahrscheinlichkeit, Tesi in Darmstadts Nachtleben und Kulturszene zu treffen, ist ziemlich hoch. Er unterstützt gerne neue kulturelle Projekte und freut sich, „wenn in Darmstadt etwas Persönliches, Nicht-Kommerzielles entsteht und sich hält“. Ein echter Darmstädter Typ eben.

www.bedouin-darmstadt.de