Foto: Jan Ehlers

Mir geht es wie Flip, Willi und Alois Siebenpunkt: Sukzessive Einschränkungen meines Lebensraumes sowie meiner Grundnahrungsmittel bedrohen mich existenziell. Erst kam die Flächenversiegelung durch Tribünen. Dann der Abriss meiner Stehplatzecke. Kein Platz, um zur Ablenkung einfach ein Fußballspiel zu sehen und auszuspannen. Aber das Ausweichen auf leere Dorfplätze funktioniert nicht, denn da gibt es vielleicht eine Anbindung per Bus und Bahn, aber keine mentale.

Nun der zweite Schlag: Die Privatbrauerei Pfungstädter wird verkauft. Zumindest in Teilen. Jetzt hört der Spaß aber endgültig auf. Ich darf das sagen, meine Tante ist eine Hildebrand! Pfungstädter Edel Pils, mein ganzes bisheriges Leben begleitet mich dieses traumhafte Getränk. Und zwar nicht wie Hautprobleme oder Pech auf Fernreisen es täten, sondern so wie ein treuer Gefährte à la Flipper, Lassie oder Black Beauty. Wir tranken es auf Schulhöfen und in Waldgebieten, während Klassenfahrten und in Wohngemeinschaften. Draußen wie drinnen. Im Stehen und beim Gehen. Andere haben Stadien oder Kindernamen auf Bizeps und Wade, bei mir wäre es – wenn ich Tätowierungen, Branding und Face-Sitting nicht albern und vulgär fände – das Hufeisen geworden.

Ich weiß, die Brauerei hat Probleme gehabt, nicht zuletzt die Umstellung von den Traditions-Etiketten auf welche, die aussehen, wie von der Medien-AG der Jahrgangsstufe 7 für alkoholfreies Bio-Radler ersonnen, zeugt davon. Warum mussten die goldenen Kronkorken weichen? Es gab aber durch die Jahrzehnte immer mal eine Änderung, um mit der Zeit zu gehen. Hauptgrund für den sinkenden Umsatz ist wohl die Gastronomie. Ich kann allen im Pillhuhn versichern: An Euch lag es nicht! In Kneipen, in welchen Pfungstädter Edel Pils ausgeschenkt wird, liegt die Trinkfrequenz 22 Prozent höher als in vergleichbaren Gaststuben mit Bieren aus der Firmengruppe von Anheuser-Busch. So mein Empfinden. Pfungstädter in all seiner hopfig-herben Pracht mundet The Next Generation of Biertrinker einfach nicht mehr so richtig, aber ich fand Kirk eh besser als den späteren Captain Barthez. Und mal ganz ehrlich … Craft Beer zu brauen, das nannte man früher panschen. „Panschen“ gibt es den Begriff noch? Sagt man wohl nicht mehr.

Nun ist es egal, auf kurz oder lang wird irgendwas anderes aus dem besten Pils der Welt, oder es verschwindet ganz. Die Radeberger Gruppe oder der Seeheimer Kreis, scheiß egal, irgendwelche Arschlöcher könnten schon dafür sorgen, dass es einfach nicht mehr da sein wird. Wenn meine Pechsträhne so weitergeht, kommt erst die Ächtung der Jeans, und direkt im Anschluss wird in Vinyl Asbest nachgewiesen. Na dann aber gute Nacht.

Was bleibt als Resümee? Wenn ich Millionär wäre, würde ich jetzt die Brauerei kaufen. Klar, ich hätte auch das Böllenfalltorstadion gekauft. Ich bin aber nicht reich. Darum eher: Hopfen und Malz, Gott erhalt’s – Scheißn und Dreck: Mein Pfungstädter bald weg?!