Mit seinem abwechslungsreichen Programm aus Konzerten, Lesungen und Theater gehört es seit drei Jahrzehnten zu den festen Größen der Darmstädter Alternativkultur: das Hoff-Art Theater in der Lauteschlägerstraße. Doch Anwohnerbeschwerden brachten kürzlich behördliche Auflagen samt Forderungen nach Lärmschutzmaßnahmen mit sich. Eine Crowdfunding-Aktion wurde zur Rettung der Location im Martinsviertel ins Leben gerufen – und ging (zumindest darmstadtweit) viral. Doch noch sind nicht alle Hürden überwunden.
Norbert Leist, erster Vorsitzender des eingetragenen Vereins Hoff-Art Theater, zeigt sich reichlich zufrieden mit der Crowdfunding-Aktion auf Betterplace.org: Das erste angestrebte Ziel von 10.000 Euro wurde bereits Mitte Februar übertroffen – und anschließend um 1.000 Euro (für „Lärmschutzmaßnahmen Teil 2“) erhöht. Leist: „Wir hatten erst mal nicht gewagt, eine höhere Summe einzusetzen. Aber es ist sehr gut gelaufen.“ Unter anderem benötigt man die Summe für einen Umnutzungsantrag, da man im Hinterhof der Lauteschlägerstraße seitens der Bauaufsicht bislang nur geduldet war. Kein Witz: Seit fast drei Jahrzehnten ist der Raum als Kfz-Werkstatt gemeldet, was schon lange nicht mehr der Fall ist. Leist: „Wir können nur weitermachen, wenn wir das Ganze in die Legalität überführen, also eine Veranstaltungsstätte im Rahmen eines soziokulturellen Zentrums werden.“ Dafür sind einige kostenpflichtige Maßnahmen und Gutachten vonnöten. Aus den laufenden Einnahmen seien diese Zusatzkosten nicht zu stemmen.
Notwendig wurden die Maßnahmen aufgrund einiger weniger, aber massiver Anwohnerbeschwerden. Diese riefen die Bauaufsicht auf den Plan. Man verlangte die Einrichtung von Lärmschutzmaßnahmen. „Wir würden ansonsten die Nutzung untersagt bekommen“, erklärt Leist. Wichtig sei zunächst die Erstellung eines Lärm-Imissions-Gutachtens. Also die Festlegung, wie hoch der zu erwartende Lärm sein werde und wie dieser zu den gesetzlich erlaubten Belastungen zu gewissen Uhrzeiten passt. Eine für jede Gaststätte und jeden Veranstaltungsraum verpflichtende Auflage, weiß Leist.
Dach muss schalldichter werden
Der Hoff-Art-Vorsitzende erklärt weiter: „Es existieren bis 22 Uhr und nach 22 Uhr unterschiedliche Dezibel-Vorgaben, die entstehen dürfen. Es ist uns schon länger klar, dass wir eine schallschutzmäßige Schwachstelle haben. Die dünne Holzwand unter dem Dach des Anbaus bringt darüber hinaus auch Wärmeverluste mit sich, die wir verbessern müssen. Da kommt eine hohe Summe an Baukosten auf uns zu.“ Allein für diesen Schritt müsse man 30.000 Euro einplanen – von den Gebühren für die Umnutzungs- und Bauanträge sowie für die Prüfung ganz zu schweigen.
Neben dem erfolgreichen Crowdfunding-Projekt erhielt das Hoff-Art-Team inzwischen 7.000 Euro von der Entega AG und eine Spendenzusage der Initiative Riegerplatz (für ein Lärmgutachten) – plus Einzelbeträge. Leist: „Wir kommen langsam dahin, dass wir die Maßnahmen finanzieren können. Aber noch fehlen uns vier- bis fünftausend Euro.“
Zeitliche Einschränkungen beim Programm werden sich in Zukunft trotz Lärmschutzmaßnahmen nicht vermeiden lassen. Gerade während und nach der Pandemie hatte das Hoff-Art mit musikalischen Krimilesungen von Autoren aus Darmstadt und der Region im Hof vor dem Theater Lebenszeichen gesendet beziehungsweise sich zurückmeldet. Einige hatte man damals vom Theater im Pädagog (TiP) übernommen. Prinzipiell werden solche ruhigen Open-Air-Veranstaltungen oder sogar Konzerte in Zukunft noch realisierbar sein, so Leist. Doch müssten diese oder auch Flohmärkte mit Rücksicht auf die Anwohner vor 18 Uhr enden: „Wir mussten eine Konzeptänderung mit einreichen, in der wir uns selbst auferlegt hatten, dass wir künftig um 18 Uhr draußen Schluss machen.“
Draußen nur noch bis 18 Uhr, drinnen Musik vorerst nur bis 22 Uhr
Ansonsten läuft das vertraute Programm mit Konzerten, Oldie-Tanzabenden, Simon Dörkens Vinyl-Präsentation „Die besondere Platte“ samt Gästen oder die „Gute Stube“-Reihe weiter. Die lokalen Bands wurden über die aktuelle Entwicklung informiert und zeigten vollstes Verständnis für die Änderungen. Notfalls müsse man Beginnzeiten nach vorn verschieben, sagt Leist. Aktuell wurde lediglich für Rainer Wieczoreks „Ringo Variationen“-Lesung mit musikalischer Unterstützung von Pianist Uli Partheil am Sonntag, 27. April, der Beginn auf 19 Uhr etwas früher angesetzt. Leist: „Vom Programm her konnten wir noch nicht alles umstellen, aber wir arbeiten daran!“
Bei Stammgast Götz Widmann und seinen Mammutkonzerten etwa müsste man künftig auf die Uhr schauen. Ebenso könnte es bei der „Guten Stube“ mit Beginn nach der Tagesschau, Support und internationalem Hauptact eng werden. Doch Norbert Leist sieht hier keine Schwierigkeiten: „Torsten Jahr [mit Alex Welsch Veranstalter der Indie-Wohnzimmerkonzertreihe] kennt die Problematik und wird das hinbekommen, zumal er einer der großen Unterstützer des Vereins ist. Wir sind mit der ‚Guten Stube‘ im Gespräch, die uns sehr wichtig ist. Uns gibt es im Sommer dreißig Jahre. Die ‚Gute Stube‘ ist die Konzertreihe, die am längsten ihr Heim im Hoff-Art gefunden hat. Das wird schon funktionieren!“
Außerdem möchten die Hoff-Art-Macher:innen die erweiterte Nachbarschaft stärker einladen, am soziokulturellen Leben teilzuhaben: „Wir wollen die Nachbarn stärker einbeziehen“, erklärt Leist – etwa mit kostenfreien Bürger-Flohmärkten im Hof und einem „Nachbarschaftsnachmittag“.
Private Partys waren das Problem
Letztlich lösten weniger die Veranstaltungen in den zwei Räumen, sondern vielmehr die privaten Partys mit Open End die Proteste aus. Dabei gingen die Gäste zum Rauchen in den Hof und verlegten ihre Gespräche ins Freie. Das könne man bei Privatveranstaltungen einfach nicht steuern, gab Norbert Leist zu. Deswegen wird man künftig Anfragen für Hochzeits- und große Geburtstagsfeiern nicht mehr annehmen, obwohl diese immer noch eintrudeln. Das solle nicht heißen, dass man Privatveranstaltungen ganz den Riegel vorschiebt. Doch die Vorschriften müssten eingehalten werden. Immerhin bedeutet dies einen Einnahmeverlust (3.000 bis 4.000 Euro von rund 100.000 Euro Jahreshaushalt), der anderweitig aufgefangen werden muss.
Für Workshops, Seminare, Fortbildungen und ähnliche Veranstaltungen werden Firmen, Gruppen und Institutionen wie die Technische Universität das Haus weiterhin anmieten können. Diese externen Vermietungen sollen auch Teil des neuen Konzepts sein, so der Plan des Vorstands.
Inzwischen besteht das Hoff-Art-Team aus fünf Mitarbeitenden mit zwei Festangestellten und drei Personen in Minijobs. Diese möchten ihre Arbeit im Dienste der Kultur natürlich gerne fortführen. Man freut sich über die breite Unterstützung von Bands und Publikum. „Ich bin darüber ganz begeistert!“, jubelt auch Norbert Leist. Der Musiker Richard Heath zum Beispiel richtet seinen Abend mit improvisierten Pianoklängen am Donnerstag, 6. März, um 20 Uhr für das Hoff-Art-Überleben aus. Ebenso hilfsbereit erwiesen sich die Kollegen vom Theater im Pädagog: Der „Fail-X“-Abend mit „Laurel und Hardy babbeln hessisch!“ samt Doppel-Set von DJ Harry Uhl und DJ Mile am Freitag, 28. März, um 19 Uhr wird als Soliveranstaltung ausgewiesen.
Die Chancen stehen also gut, dass die beliebte Kulturinstitution auch künftig das Martinsviertel mit Hinterhof-Charme und vielfältigem Angebot bereichern kann.
Hoff-Art-History in aller Kürze
Seit 1995 bietet der von Klaus Lavies gegründete eingetragene Verein Künstlern Probe- und Auftrittsmöglichkeiten, Schauspiel-Aufführungen für jedes Alter, Malkurse für Kinder, Konzertreihen und Lesungen. „Die Gute Stube“- Reihe, Jazz-Programme, das Sprungturm-Festival oder die Animalistics-Konzerte samt Speisemöglichkeit sind oder waren Stammgäste. Angesiedelt ist das Hoff-Art in einer ehemaligen Kfz-Werkstatt im Hinterhof der Lauteschlägerstraße 28 a. Es bietet zwei unterschiedlich große Veranstaltungsräume: einen kleineren Raum mit amphitheatraler Zuschauertribüne und intimer Atmosphäre sowie einen modernen Anbau mit großer Bühne mit Backstage-Küchenbereich. Das Theater ist eng mit dem Martinsviertel verknüpft und entwickelte sich im Verlauf der Jahrzehnte zum kulturellen Zentrum.
Neuer Vorstand
Seit Mai 2024 hat das Hoff-Art Theater einen neuen Vorstand: Norbert Leist (Vorsitzender), Klaus Lavies (stellvertretender Vorsitzender), Schriftführer Simon Dörken, Kassenwärtin Monika Schmidt und stellvertretende Kassiererin Ouisam Elkertoubi-Nötzold ziehen nun die Fäden. Sie werden unterstützt vom Hoff-Art-Team Christian Paulus (Technik), Bersabeh „Beri“ Farahani (Orga), Carina Brückner (Orga), Manfred Brückmann (Hausmeister) und Mark Rückert (Sound).
Wer den Neustart im Hoff-Art noch unterstützen möchte – die Crowdfunding-Aktion läuft noch ein paar Tage … : https://www.betterplace.org/de/projects/148698-das-hoffart-theater-braucht-eure-hilfe