Das P tut alles für neue Erkenntnisse. Und wagt den Spagat. Was Jean-Claude Van Damme kann, können wir schon lange. 47 Million Dollars sind mal wieder im Heft. Zum einen ist das Hörspiel mit den vermeintlichen P-Lieblingen aber ja schon Lichtjahre her (Ausgabe 5, Juli 2008). Und zum anderen handelt sich hierbei um eine Darmstädter Band, die es gerade jetzt verdient hat, wieder mal prominent erwähnt zu werden. Der Zeitpunkt könnte, in Anbetracht der drei im Juni erscheinenden „47“-Veröffentlichungen, nämlich nicht besser gewählt sein. Lassen wir die vier endlich zu Wort kommen…
Seit Eurer Bandgründung 1999 sind nunmehr elf Jahre vergangen. Zeit, in der viel passiert ist. Mehrere Tonträger, internationaler Vertrieb Eures letzten Albums und Live-Auftritte mit Genre-Größen wie Agnostic Front, Merauder oder zuletzt Suicidal Tendencies (in der ausverkauften Centralstation). Klingt nach einem Lauf.
Todd: Ein Selbstläufer.
Alex: Man hätte sich da noch mehr reinhängen können, dann wär‘s vielleicht noch mehr nach oben gegangen. Man kann ja auch nicht sagen, dass die Band seit zehn Jahren läuft. Eigentlich läuft sie ja erst so richtig seit fünf Jahren. Vorher war das eher als Projekt zu sehen. Das Traffic Jam im Jahre 2005 war eigentlich die Initialzündung, um die ganze Sache ernster zu machen.
Todd: Ich sach nur Selbstläufer. Wir haben immer versucht, unsere Sache ordentlich zu machen. Viel haben wir aber auch unseren Fans und Freunden zu verdanken, die uns schon seit Jahren die Treue halten.
Jörg: Viel hat sich ergeben, wenig war geplant.
Todd: Das sind die Kommentare, die wichtig sind.
Ihr ward zuletzt noch auf dem Berliner Label „Superhero/Swellcreek-Records“, nun werdet Ihr Euer neues Album „Unkaputtbar“ auf dem Darmstädter Label „Millionaires Club“ veröffentlichen. Warum ein Wechsel in die Heimat?
Jörg: Mehr Kontrolle.
Sven: Keine Ahnung, was die Berliner so richtig für uns gemacht haben!?
Todd: Klar, der Vertrieb lief, aber die machten wenig Promo, daraus resultierend nur ein paar Reviews, keine Werbung und nach 500 verkauften Tonträgern keine Nachpressung. Da kam eins zum anderen. Einfach wenig Transparenz in Bezug auf ihre Arbeit mit uns. Dann haben mein guter Freund, dessen Namen ich hier nicht erwähnen darf, und ich, einfach beschlossen, dass wir die Sache selbst in die Hand nehmen und gemeinsam ein Label gründen. So werden wir dann auch als Band zumindest die Kosten im Blick haben und sind auch so richtig gut aufgestellt, was Vertrieb und Promo betreffen wird.
Sven: Es kann nur besser werden.
In diesem Monat erscheinen Euer besagtes drittes Album, eine auf 100 Stück limitierte DVD und eine Split 7″-Single, mit dem Darmstädter Rapper Mädness, letztere auf dem lokalen Label Decoy Industry. Ziemlich viel Output für eine Band im gesetzten Alter. Zufall, oder wollt Ihr es jetzt nochmal wissen?
Todd: Du Arsch.
Alex: Hahaha.
Sven: Ne Frechheit ist das.
Jörg: Seitdem der Bandzivi dazugekommen ist…
Sven: …hat sich vieles gebessert.
Todd: Seitdem wir einen haben, der die Katheter schneller wechselt…
Alex: Wenn man unser Demo mitrechnet, sind das sogar vier Alben! Ich für mich mach mir da jetzt aber nicht allzu die großen Hoffnungen, dass wir da jetzt noch mal was reißen. Schau dir andere Bands unseres Niveaus an, die touren alle viel mehr rum. Natürlich mit dem Unterschied, dass die alle zehn Jahre jünger sind als wir und einfach mehr Zeit haben. Diese Möglichkeiten haben wir halt auch nur noch begrenzt. Wir sind alle in festen Jobs.
Todd: … Und das mit den neuen Releases, das kam halt alles auf einmal zusammen und war auch nur bedingt geplant. Die DVD zum Beispiel hat Carlo Oppermann, ein junger Filmemacher aus Darmstadt, gemacht. Den haben wir damals auf dem Nonstock-Festival kennengelernt. Der hat uns jetzt das letzte halbe Jahr begleitet. Das daraus aber letztendlich eine richtig geile Doku-DVD entstanden ist, war der Lauf der Dinge.
Wie kam es zu der Zusammenarbeit mit Mädness? Erinnert mich vom Sound her stark an die Neunziger, Stichwort „Judgement Night“-Soundtrack.
Jörg: Viel hat sich ergeben, wenig war geplant. [grinst]
Alex: Erfunden haben das ja damals Run DMC mit Aerosmith und Beastie Boys mit Slayer…
Sven [rülpsend]: Slayeeeeeeeeeer!
Alex: …und so war das einfach die logische Konsequenz. Damals fanden sich die besten ihrer Genres zusammen, und heute eben auch. In Deutschland gibt’s halt keinen Rap außer Mädness, und im Hardcore…
Todd: …da gibt’s nur Sick of it All…
Alex: …und 47 Million Dollars. Die Leute lassen ja heute schon ihre Biohazard-Tattoos mit „47“-Logos überstechen.
Todd: Alex und ich wollten schon vor Jahren mal was mit den Baggefudda-Jungs zusammen machen. Das hat aber leider nie geklappt. Mädness haben wir dann ebenfalls übers Nonstock-Festival kennengelernt. Da haben wir die Idee geboren, einen Song zusammen zu machen. Den haben wir dann mehrmals zusammen live gespielt. Das hat allen Beteiligten so viel Spaß gemacht, dass daraus, zusammen mit den Decoy-Machern [Label-Feature: P, Ausgabe 14, Mai 2009], die 7“-Split-Idee entstanden ist: Jeder einen Song von sich und zwei zusammen.
Stichwort: Hardcore-Klischees. Ihr esst Fleisch, trinkt Alkohol, steht für positiven Hardcore und seid gegen das so genannte „Violent-Dancing-Tough-Guy-Image“, dass im modernen Hardcore sehr verbreitet zu sein scheint. Damit seit Ihr heutzutage nicht gerade Hardcore-typisch, sondern eher provokant unterwegs.
Todd: Sven ist unser Quotenvegetarier.
Sven: Ich bin der Quotendepp, der das ganze möglich macht.
Alex: Sven, unser Straight-Edge-Vegetarier, kann über die Provokationen herzhaft lachen. Der hasst auch diesen ganzen dogmatischen Scheiß in der Hardcore-Bewegung. Vielleicht mit ein Grund, warum wir nie groß Fuß gefasst haben!?
Todd: Wir sind ja auch die Erfinder der Vegan-Straight-Edge-Anti-Tough-Guy-Wall-Of-Death. Nee, mal im Ernst, wir leben den True Hardore, verstehste? Friendship und Unity!
Ist klar…
Sven: Das hört sich zwar jetzt sehr nach Dummgelaber an, aber so isses. Diese ganze Tough-Guy-Scheiße, sich gegenseitig kaputtzukloppen und einfach in Leute reinzutreten, die nur die Musik hören wollen, das hat nichts mit Hardcore zu tun!
In diesem Sinne: Keep Hardcore positive!