Foto: Jan Nouki Ehlers
Foto: Jan Nouki Ehlers

In Darmstadt gilt ein ungeschriebenes Schwätz-Gesetz: Auf ein mahnendes „Uffbasse!“ gibt’s ein „Dillmann wähle!“ retour. Zu verdanken haben wir dieses lokale Sprachidiom Jörg Dillmann.

Als Kämpfer für die vernachlässigte Jugend und alternative Subkultur erhielt er bei der ersten Darmstädter Oberbürgermeister-Direktwahl 1993 beachtliche 3,9 Prozent. „Uffbasse! Dillmann wähle!“, hieß es auch bei Jörgs zweiter OB-Kandidatur 2005 als „Jödi-Ritter“ (Ergebnis: 6,3 Prozent). Seit 2001 treibt die von ihm mit ins Leben gerufene linke Wählervereinigung „Uffbasse“ im Stadtparlament kritisch und frei von Fraktions- und Koalitionszwängen ihr „Unwesen“, wie sie auf ihrer Website www.uffbasse-darmstadt.de anekdotenreich erläutert.

Jörg Dillmann stärkt aber nicht nur das zarte Pflänzlein „politische Kultur“ in Darmstadt. Als stimmgewaltiger Frontmann der Punk-Bands „Die Arschgebuiden“ („Oi! Saufen! Prost, Metzger!“) und Kackophonia (teils mit Texten von Bertolt Brecht und Erich Mühsam) ist Jörg seit mehr als 20 Jahren aktiver Teil der Darmstädter Subkultur. „Ohne Kultur verroht die Gesellschaft“, ist sich der 50-Jährige sicher. Und ohne Solidarität. Dillmann bedauert, „dass heute statt etwas zusammen zu machen nur die Leistung des Einzelnen zählt.“ In Sachen Familie denke er wertkonservativ. Ein breites Grinsen lässt seinen Schneidezahn aus medizinischem Stahl aufblitzen. Erwartungen zu erfüllen und es jedem recht zu machen, ist definitiv nicht Jörgs Ding.

„Keiner mag mich“, kommentiert er süffisant, wenn er von seinen zahlreichen Konflikten mit Autoritäten erzählt. Es begann als Kind mit seinen Eltern („Ich hätte mich zum Spielen auf die Autobahn geschickt“). Als Jugendlicher – dank wallendem Langhaar „Jesus“ genannt – flog er wegen „Undiszipliniertheit“ von der GeorgBüchner-Schule. An der Bernhard-Adelung-Schule bekam er als Schulsprecher Probleme wegen „Störung des Schulfriedens“. Bei der Bundeswehr war nach drei Monaten unter anderem deshalb Schluss, weil Dillmann statt des „Panzerlieds“ „die Internationale“ gesungen hatte. Und an der Kfz-Meisterschule in Frankfurt rebellierte er gegen die Deutschtümelei eines Obermeisters, der im Unterricht empfahl, man solle bei Einstellungen auf die deutsche Nationalität eines Bewerbers achten. „Da kann ich die Zähne net zusammenhalde“, erklärt der überzeugte Antifaschist.

Seit 1989 arbeitet Jörg Dillmann als Hausmeister des Gästehauses der TU Darmstadt in der Dieburger Straße. Als echtem Heiner liegen ihm die kickenden „Lilien“ am Herzen. Und als erster Vorsitzender des Tierschutzsvereins Darmstadt setzt er sich vehement für den „Hundehalterführerschein“ ein. Es reicht eben nicht, Jörg Dillmann nur auf „Uffbasse“ zu reduzieren.