Einige Leser haben die Bitte geäußert, diese Kolumne solle scharfzüngiger mit der Lokalpolitik ins Gericht gehen. Ihnen sei versichert: In Darmstadt ist die Kacke schon bald so richtig am Dampfen. Zumindest im Stadtparlament dürfte es in den kommenden Sitzungen ganz schön krachen.
Da ist zum einem das plötzliche Haushaltsloch von 52 Millionen Euro, weil die Gewerbesteuer geringer ausfällt als erwartet. Die Stadt darf aber keine neuen Schulden machen, sonst verlangt das Land 185 Millionen Euro zurück, die es im kommunalen Schutzschirm vom Darmstädter Schuldenberg übernommen hat. Der Magistrat will nun die Grund- und Gewerbesteuer erhöhen sowie Sportvereinen und Kulturbetrieben weniger Geld zahlen. Abgesehen davon, dass das bei Weitem nicht ausreichen wird, ist Darmstadts grün-schwarze Minderheitsregierung auch auf die Stimmen von Uffbasse angewiesen. Und die „eigenwillige“ Fraktion will da nicht mitmachen. Sie fordert außerdem, auf Prestigeprojekte wie Karolinenplatz-Aufräumung, Lichtwiesenbahn, Landesgartenschau und Weltkulturerbe Mathildenhöhe zu verzichten.
In Sachen Stadion haben die 98er der Stadt indes noch ein wenig Luft verschafft. Die Stadt muss der Deutschen Fußball-Liga (DFL) bald einen tragfähigen Plan für den Neubau eines Fußballstadions vorlegen, sonst müssen die Lilien ab 2018 in Frankfurt, Mainz oder Offenbach spielen. Nun hat die DFL ihre Frist noch einmal von Mitte Juni auf Ende Oktober verlängert. Schaut man sich das dilettantische Vor- und Zurückgehen der vergangenen Jahre an, bleibt nur zu hoffen, dass die Stadt diese letzte Chance auf weitere Heimspiele der Lilien am Böllenfalltor nutzen wird.
Doch es gibt auch gute Nachrichten. Nach gut 16 Jahren andauernden Diskussionen hat Anfang Mai der Umbau des Friedensplatzes begonnen. Dieser zentrale Unort wird ab übernächstem Sommer zu einem der beliebtesten Treff- und Aufenthaltsorte der Innenstadt aufblühen. Zum Vergleich sei an die Georg-Büchner-Anlage vor ihrer Umgestaltung 2010 erinnert: zugemüllte Betonbecken, unansehnliche Gebüsche, geschützte Rückzugsräume für Drogenjunkies, Nervenkitzel nach Einbruch der Dunkelheit. Jetzt treffen sich auf der riesigen Freifläche vor dem Staatstheater im Sommer täglich hunderte vor allem junge Menschen.
Auch der Friedensplatz ist mit seinen Betonkübeln und aus der Form geratenen Bäumen und Sträuchern eher ungastlich zu nennen. Der Entwurf der Darmstädter Werkstadt-Architekten räumt dort jedoch so radikal auf wie in der Georg-Büchner-Anlage. Ein großer, freier Platz gibt die Sicht vom Weißem Turm zum Landesmuseum frei. Am westlichen Rand spendet eine Reihe Bäume den Bänken auf einem dreistufigen Podest Schatten. Am Eingang zu den Schloss-Garagen wird der jetzige Betonklotz einem Glaskubus weichen.
Doch bis es so weit ist, muss zunächst der gesamte Platz abgebrochen werden und die Heag Holding die Decke ihrer darunterliegenden Garage sanieren. Auch muss Heag mobilo ihre Gleisschleife der Straßenbahn erneuern. Der Umbau wird deshalb frühestens Ende 2018 fertig sein. Die Kostenschätzung für die Stadt hat sich dazu erst im März um rund zwei Millionen Euro auf 5,7 Millionen Euro erhöht. Im Anschluss an den Umbau des Friedensplatzes ist bereits beschlossen, den Karolinenplatz für 850.000 Euro aufzuräumen und das Betonbecken vorm Museum zu entfernen. Auch soll der Ernst-Ludwig-Platz in Richtung Weißer Turm erneuert werden. Mit dem aktuellen Haushaltsloch könnte das jedoch schwierig werden.
Lokalpolitik-Kolumne im P
Sebastian Weissgerber hat bis 2009 für die Frankfurter Rundschau aus dem Darmstädter Stadtparlament berichtet. Im P schreibt er seit Februar 2017 als „Vierte Säule“ über die hiesige Politik.