Foto: Jan Ehlers
Foto: Jan Ehlers

Vergangene Saison am „Bölle“ auf der Gegengerade – der F-Block startet mit „Wer nicht hüpft, ist Offenbacher!“. Und siehe da: Ein nicht unerheblicher Teil des Publikums hüpft einfach nicht mit. „Die scheiß Erfolgsfans wieder“, tönt es mir von rechts in die Ohren. Ich bin derweil damit beschäftigt, meine linken Steh-Nachbarn vom Singen meiner selbst gedichteten Textvariante „Hey, hey, wen interessieren die scheiß Offenbacher?“ zu überzeugen. Ein leichtes Schmunzeln kann ich mir dennoch nicht verkneifen.

Dann halte ich plötzlich inne und ein kalter Schauer läuft mir den Rücken herunter. „Bin ich eventuell auch ein Erfolgsfan?“, geistert es mir panikartig durch den Kopf. Denn ich gehe erst seit der „Dritten-Liga-Fast-Abstiegs-Saison“ regelmäßig ins Stadion. Zählt diese Saison schon als erfolgreich? Kann ich mich wirklich als „echten Fan“ bezeichnen, wenn ich die Heimspiel-Highlights gegen Gegner wie den FC Memmingen, SC Pfullendorf oder die SpVgg Weiden habe sausen lassen? Und die Dauerkarte besitze ich ja auch erst seit der vergangenen Spielzeit. Mein erstes Auswärtsspiel der „Lilien“ war in Karlsruhe – und da war der „Aufstiegs-Erfolg“ bereits in greifbarer Nähe.

Meine persönliche Meinung ist, dass sich der Verein, die Stadt, ja, die ganze Region über jeden neuen oder wieder animierten, erfolgshungrigen und begeisterungswilligen Menschen freuen sollte, der unsere „Lilien“ unterstützt! Und sind wir doch mal ganz ehrlich: Wie hoch war der Zuschauerschnitt bei Heimspielen in Zeiten der Regionalliga Süd? In der Saison 2010/2011 (eine ebenfalls für potentielle Erfolgsfans sehr attraktive Spielzeit, denn wir stiegen auf) kamen im Schnitt 4.333 Zuschauer ans Bölle. Der Zuschauerschnitt 2014/2015 in der Zweiten Bundesliga lag bei 14.135 Begeisterten. Wenn man im Durchschnitt 300 zusätzliche Gästefans im Vergleich zu damals über die ganze Saison pro Spiel kalkuliert, hätte der SV Darmstadt 98 somit nach Adam Riese seit 2011 die sensationelle Zahl von 9.502 Erfolgsfans für sich gewonnen. Ob unter den 9.502 Menschen eventuell sogar der ein oder andere dabei sein könnte, der die „scheiß Erfolgsfans“ kritisiert?

Erfolg macht sexy

Es heißt „Erfolg macht sexy“ und das ist wohl auch so. Nach dem Aufstieg solidarisierte sich plötzlich gefühlt jedes zweite Darmstädter Unternehmen mit „unseren Lilien“ und gratulierte vor Freude überschwänglich strotzend zum „Uffstiech“. Wo wir schon bei der nächsten Frage wären: Was ist eigentlich mit den „Erfolgs-Sponsoren”? Der lokal ansässige, DAX-geführte Global Player Merck ist (abgesehen von der Unterstützung im Jugendsektor) erst vor kurzem durch den Erwerb der Stadion-Namensrechte ein nennenswerter finanzieller Unterstützer der „Lilien“ geworden. Also die Merck KGaA hätte für mich definitiv eine Plakette als „Erfolgs-Sponsor des Jahres 2015“ verdient.

Aber heißt das nicht gleichzeitig, dass Merck möglicherweise zukünftig noch mehr investieren könnte? Ist die Gleichung „Mehr Fans = bessere Stimmung = höhere Zuschauereinnahmen = potentiell langfristiger Verbleib in der Ersten und Zweiten Bundesliga“ für die alteingesessenen, treuen und verdienten Anhänger der „Lilien“ denn gar nicht nachvollziehbar?

Ich hoffe, dass wir die Erfolgsfan-Debatte möglichst schnell hinter uns lassen können. Möglicherweise könnten wir uns stattdessen überlegen, wie wir Gegengerade, A- beziehungsweise F-Block bei Fangesängen besser koordinieren könnten. Auf dass dann zukünftig Erfolgs- und Bestandsfans brüderlich vereint im hoffentlich wunderschönen neuen Merck-Stadion am Böllenfalltor (natürlich mit Dugena-Uhr und annähernd 10.000 Stehplätzen) aus vollem Halse „Die Sonne scheint“ brüllen mögen. Und wer weiß, ob Rüdiger Fritsch nicht schon wieder mit seinem „Aufstiegsfeier-Gesang“ Recht behalten wird? [Bei der Zweitliga-Aufstiegsfeier sang er 2014 versehentlich „Nie mehr Zweite Liga” – zum Bundesliga-Aufstieg im aktuellen Jahr „Deutscher Meister wird nur der SVD”, Anm. d. Red.] Es bleibt spannend.

 

Zieht den Bayern die Lederhosen aus!

Sa, 29.08., 15.30 Uhr: SV Darmstadt 98 – TSG 1899 Hoffenheim

Sa, 12.09., 15.30 Uhr: Bayer 04 Leverkusen – SV Darmstadt 98

Sa, 19.09. 15.30 Uhr: SV Darmstadt 98 – FC Bayern München

Di, 22.09., 20 Uhr: SV Darmstadt 98 – SV Werder Bremen

So, 27.09., 17.30 Uhr: Borussia Dortmund – SV Darmstadt 98

www.sv98.de

 

Cover: Schwarzkopf Verlag
Cover: Schwarzkopf Verlag

Kickschuh-Blogger mit „Lilien“-Buch

„111 Gründe, den SV Darmstadt 98 zu lieben“, so lautet der Titel von Matthias Kneifls Buch. Mit seiner fundierten Liebeserklärung an die „Lilien“ blickt der leidenschaftliche Darmstädter Fußball-Blogger [>HIER findet Ihr eine Vorstellung seines Blogs www.kickschuh.wordpress.com] auf die turbulente Geschichte, den aktuellen Höhenflug und schrullige Eigenarten unseres Lieblingsvereins. Die knapp 300 Seiten erscheinen am 15.09. im Verlag Schwarzkopf & Schwarzkopf. Ein ausführliches Interview mit Matthias Kneifl gibt’s im Oktober-P.

www.schwarzkopf-verlag.net

Win! Win! Das P verlost >HIER 3 Exemplare „111 Gründe, den SV Darmstadt 98 zu lieben“.