Foto: Jan Ehlers
Foto: Jan Ehlers

Verzeihen Sie mir bitte dieses preisgesenkte Wortspiel, aber viele solcher Spiele bleiben mir ja nicht, seitdem die „Unter Pappeln“-Kolumne ganzseitig prahlend ins P-Magazin eingezogen ist. Das Heft soll keine reine Stadion-Zeitung sein, und die Ex-„Lilien“-Rubrik „Das macht eigentlich…“ gibt’s ja auch noch in jedem zweiten P. Doch manchmal muss ich mich einfach über Fußball äußern, nicht abends an Stammtischen, die ich nicht besuche, sondern hier vor dem Millionenpublikum meiner Heimatstadt.

Aber auch bei den Bürgern selbiger – da mache ich mir nichts vor – schalten die Synapsen so wie überall in der Stadionwelt: Dabei sein ist alles. Man tut und mag, was die Masse mag! So ist‘s als Bayern-, als DJ- Bobo- oder im Zoo als Bonobo-Fan. Wobei wir dann doch „unter Pappeln“ landen, wo die Frage aufkam, warum im Stadion statt Volkstümelndem nicht mehr wirkliche Liliensongs laufen. Weil der Fan, der Verein, die Gesellschaft so tickt! Nicht alle, Du nicht natürlich, und ich nicht, und unsere Umgebung meist auch nicht. Aber der Rest schon. [Anm. d. Red.: Musste trotzdem mal geschrieben werden!]

Was tun? Hier mein Plan: Weglassen aller anpeitschenden Maßnahmen von Seiten des Stadionsprechers und seines MP3- Players! Stimmung wird von den Fans gemacht. Ausschließlich! Mir ist egal, ob vor dem Spiel aktuelle Charts-Musik läuft. Aber kurz vor Spielbeginn wird die Musike dann brav ausgemacht, der Ball vom Autohaus Schmöke präsentiert, die Mannschaftsaufstellung verlesen – und dann, Herr Stadionsprecher, dann, wird‘s sachlich! Es wird kein „Darmstadt Fünf – Kapstadt Null“- Geblöke geben, wenn der Mann in der Glas-Cabaña den Spielstand fair und normal bekanntgibt! Selbstredend kommt nach Treffern auch keine Musik, da das Wort American vor unserem Fußball schlicht nicht existiert. Der Torschütze wird genannt, am besten sachlich – wie in einer Arztpraxis. Und bitte bedenken Sie: Wer tatsächlich so tief sinkt, „You’ll never walk alone“ zu spielen, wird auf dem Weg ins eigene Rektum denjenigen begegnen, die es tatsächlich mitsingen!

Bleibt noch die schlimmste aller Stadion-Mode-Erscheinungen: „Hells Bells“. Wie nun die umgehen? Andere Vereine versuchen es mit Rockstücken ähnlicher Machart, um ihre Identität nicht komplett an den Verein mit den unsäglichsten Möchtegern-Fans überhaupt – St.Pauli – zu verraten. Ich halte die Idee mit der Rocksong-Alternative für durchaus praktikabel. Wir müssen ja nicht so weit gehen wie Wiesbaden-Wehen, die sich für eine Hymne der Crossdresser von Twisted Sister entschieden. Doch wie wäre es mit „Hell ain’t a bad place to be“? Auch AC/DC, auch riffig, zudem mit echtem Gesang und … Street Credibility. Bon Scott eben! „Never Surrender“ von Saxon wäre sicherlich ein guter Kandidat. Maidens „Run to the Hills“ kennt zwar auch jeder, aber bei unserer Lage von 144 Metern über Normalnull (okay, Bölle vielleicht 166 Meter) verbietet sich dieser populäre Song von selbst. Oder wir holen noch die Alt-Bessunger mit ins Boot und versuchen es mit „Look at yourself“ von Uriah Heep. Wärt Ihr dabei? Sprecht doch mal mit den Verantwortlichen, ich muss ja nicht immer alles selbermachen.