Anfang Februar 2015 in den Untiefen des Worldwideweb: Die sogenannten sozialen Medien zeigen mal wieder ihre asoziale Fratze. Tief enttäuschte „Lilien“-Fans machen ihrer Wut ungefiltert Luft, schimpfen wie die Rohrspatzen auf „die da von der Stadt“. Der Grund: Sie hatten das Gefühl, ihnen sei das fest versprochene vorweihnachtliche Aufstiegsgeschenk noch vor Ostern einfach vom Gabentisch geklaut worden. Mit dem Hinweis der Heiligen Drei (Stadion-) Könige Rainer, Rafael und Jochen: „Entspannt Euch mal, übernächstes Jahr is die Bescherung doch auch noch ganz schön.“
Fakt ist: Das neue „Merck-Stadion am Böllenfalltor“ wird frühestens 2017 fertig sein. Schuld daran ist ein (gefühlt) vom Himmel gefallenes, nun doch erforderliches Bauleitplanverfahren. Himmel Herrgott Sakra! Die unsäglichen Beschimpfungen auf Facebook haben die Verantwortlichen der Darmstädter Sportstätten GmbH & Co. KG (DSG) dennoch nicht verdient. Ohne ihren engagierten wie professionellen Einsatz vor Saisonbeginn (Rasenheizung, Flutlicht, Medien-Arbeitsplätze) würden die „Lilien“ heute nicht mehr am geliebten „Bölle“, sondern am Bornheimer Hang in Frankfurt kicken. Dennoch muss man als interessierter Bürger oder Journalist schon mal fragen dürfen, wieso der Bauleitplan jetzt erst und jetzt doch relevant wird.
Mehr als eineinhalb Jahre sind vergangen, seit die Planungen mit dem Veröffentlichen der Machbarkeitsstudie am 27. Juni 2013 begonnen haben. Und in besagter Studie wird das Böllenfalltor unter anderem deshalb als bester Standort empfohlen, weil eine „Aufstellung Bauleit-Plan nicht notwendig“ sei und das Stadion somit zügig umgebaut werden könne. Leichtsinnigerweise hatte die DSG dann auch noch den Sommer 2015 als voraussichtlichen Baubeginn terminiert, zum Anpfiff der Saison 2016/17 sollte das neue, 18.098 Besucher fassende „neue Bölle“ eingeweiht werden (wir haben im Oktober-P 2014 berichtet). Das wird aber definitiv nix. Und das wiederum sorgte bei einigen für heftigen Bauleitplan-Blues.
Zu wenige Infos für die Öffentlichkeit
Aus dem „Businessplan“ vom 20.01.2015 resultiert nun: Das Bauleitplanverfahren (um die Anwohner mit ins Boot zu holen und Rechtssicherheit zu erlangen) muss auch am Standort Böllenfalltor eingeleitet werden. Das neue Stadion wird also frühestens in zwei Jahren fertig sein – wenn die Anwohner mitspielen. Für die Verantwortlichen ist dieses Faktum möglicherweise das Ergebnis eines monatelangen Prozesses. Der Öffentlichkeit (emotionale „Lilien“-Fans und Medien) wurde die folgenschwere Entwicklung allerdings erst Anfang Februar mitgeteilt. Viel zu spät und viel zu wenig transparent erklärt. Diese Chance wurde vertan.
Richten wir den Blick also lieber nach vorne: Die DSG übergibt das 30-Millionen-Euro-Projekt in die Hände des Frankfurter Planungsbüros Albert Speer & Partner. Die Fachleute aus der ersten Architektur-Liga planen bereits in Regensburg, Chemnitz, Karlsruhe und Freiburg an neuen Stadien mit. In der jüngsten Stadtverordnetenversammlung am 12.02.2015 wurde auf Anregung der Fraktion Uffbasse zudem beschlossen, dass im neuen „Bölle“ 10.000 Stehplätze für die Heimfans eingeplant werden sollen. Damit sich auch in Zukunft möglichst viele Studenten und einkommensschwache Zuschauer den Stadionbesuch leisten können. Zwei positive Signale.
Bis auch in Darmstadt die Bagger rollen, genießen wir einfach jedes einzelne Heimspiel in unserem altehrwürdigen „Bölle“, zum Beispiel auf der betörend schönen Gegengerade. Der Blick von dort aus der obersten Reihe hinunter aufs Spielfeld ist atemberaubend. Viel schöner kann er auch im Camp Nou von Barcelona nicht sein.
3 x Heimspiel, 1 x „Kö“
Fr, 27.02., 18.30 Uhr: SV Darmstadt 98 – Eintracht Braunschweig
So, 08.03., 13.30 Uhr: FSV Frankfurt – SV Darmstadt 98
Fr, 13.03., 18.30 Uhr: SV Darmstadt 98 – 1. FC Union Berlin
Sa, 21.03., 13 Uhr: Fortuna Düsseldorf – SV Darmstadt 98
www.facebook.com/svdarmstadt1898
www.instagram.com/svdarmstadt1898 #Lilien
P.S.: Der Kommerz hält Einzug im „Merck-Stadion am Böllenfalltor“! Gerüchte besagen, dass die nächste (gerne auch unberechtigte) rote Karte gegen den Gegner vom P Stadtkulturmagazin präsentiert wird. Uaaaaah! Mit Blutgrätschen-Jingle.
P.P.S.: Apropos Krebs für die Ohren: Eine Petition gegen die unsägliche Shitradio-Musik in letzter Zeit am „Bölle“ ist in der P-ipeline.